Rede von Uwe Schneidewind, Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal: "Engels-Jahr: Was bleibt?"
Es handelt sich um das bislang größte und längste Veranstaltungsjahr der Stadt Wuppertal zu Ehren Friedrich Engels, der am 28. November 1820 im heutigen Stadtteil Barmen geboren wurde. Der finale Schlusspunkt des Festjahres, das aufgrund der Corona-Pandemie verlängert worden ist, wurde am 201. Geburtstag von Friedrich Engels – am 28. November 2021 – im Kulturzentrum Immanuelskirche gefeiert. Das vom Wuppertaler Schauspieler Olaf Reitz moderierte Abendprogramm „Finale! Engels2021“ mit Kabarettist Jürgen Becker und künstlerischen Beiträgen der Wuppertaler Bühnen und Sinfonieorchester GmbH wurde als kostenfreier Online-Livestream auf www.wuppertal.de (Öffnet in einem neuen Tab) und www.engels2020.de (Öffnet in einem neuen Tab) übertragen.
„Friedrich Engels ist durchaus als ein Taktgeber für die 2020er-Jahre und noch heute als ein wichtiger Impulsgeber für eine Gesellschaft im Umbruch zu verstehen. Widersprüche in sich zu vereinen und daraus ganz neue Qualitäten entstehen zu lassen: Es war diese Fähigkeit, die Friedrich Engels zu einem Orientierungsgeber in den Zeiten der technologischen, ökonomischen, politischen und sozialen Umbrüche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machten. Und es sind genau die Qualitäten, die in dieser ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts wieder mehr denn je gebraucht werden. Klimawandel, drohende soziale Desintegration, die zunehmende Destabilisierung freier Demokratien, Globalisierung – nicht nur von Wirtschaft, sondern eben auch von Pandemien, wie wir es aktuell erleben – und Digitalisierung: Die Umbruchsdynamik ist in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nehmen wir Friedrich Engels als Kompass in der Weiterentwicklung des Kultur- und Wissenschaftsstandortes Wuppertal und als ständige Anregung, über die Weitentwicklung unseres Wirtschaftens nachzudenken“, blickt Wuppertals Oberbürgermeister Uwe Schneidewind in die Zukunft.
Direkte Beteiligung von Wuppertaler Bürger*innen
„Unzählige Akteure aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Stadtgesellschaft, Kultur und der Freien Szene Wuppertal: Sie alle waren am Engels-Jahr beteiligt und haben mit ihren Ideen, ihren Mühen, ihrer Zeit zum maßgeblichen Erfolg des Festjahres beigetragen. Es waren unzählige Einzelpersonen, die sich in mehr als 100 Projekten und in über 200 Veranstaltungen auf vielfältige Art und Weise mit Friedrich Engels auseinandergesetzt haben. Für diesen außergewöhnlichen Einsatz – ganz besonders aufgrund der Widrigkeiten während der Corona-Pandemie – möchte sich die Stadt Wuppertal ganz herzlich bei allen Beteiligten und Förderern bedanken“, erklärt Kulturdezernent Matthias Nocke. Und ergänzt: „Bereits zu Beginn der Programmerstellung für das Festjahr war für uns die direkte Beteiligung der Wuppertaler Bürger*innen von enormer Bedeutung. Daher wurden innerhalb eines partizipativen Prozesses insgesamt 30 Projekte ausgewählt, die gefördert und realisiert werden konnten.“
„Wir haben ein äußerst vielschichtiges Engels-Jahr erlebt: Von Theaterproduktionen zu Kunst- und Foto-Ausstellungen, von zeitgenössischer und großformatiger Kunst zu Wissenschaftskongressen, von Diskussionsformaten zu Musikproduktionen, von Performances zu Stadtführungen, von Filmen zu Literaturlesungen, von interaktiver Stadtrallye zum Schülerwettbewerb, von Engels-Hotline bis hin zur Multimedia-Installation im Engels-Haus – all diese facettenreichen Formate haben Friedrich Engels‘ vielschichtige, teils widersprüchliche Persönlichkeit herausgearbeitet. Textilunternehmer und zugleich Klassenkämpfer, Philosoph und zugleich kommunistischer Revolutionär, Gesellschaftskritiker und zugleich Lebemann – um nur einige Facetten des Weltbürgers Friedrich Engels zu benennen“, fasst Christoph Grothe, Projektgeschäftsführer des Engels-Jahres, zusammen.
Multimediale Inhalte und internationale Berichterstattung
Mittels Plakatkampagnen und Monatsflyern sowie mit multimedialen Inhalten auf Social-Media-Kanälen wie Facebook, Instagram und YouTube wurde das facettenreiche Engels-Jahr beworben – mit Erfolg: Nicht nur internationale (Neue Zürcher Zeitung, Wiener Zeitung, Österreichischer Rundfunk, Luxemburger Wort) und überregionale Medien (ZDF, Arte, Spiegel Online, Deutsche Presse-Agentur, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, taz, Die Zeit, Welt, junge Welt, Tagesspiegel, der Freitag, Deutschlandfunk, Deutsche Welle, COSMO) haben über das Festjahr und ausgewählte Veranstaltungen, wie beispielswiese die Sonderausstellung „Friedrich Engels – Ein Gespenst geht um in Europa“ in der Kunsthalle Barmen, berichtet. Auch chinesische Medien waren vor Ort in Wuppertal.
Einer der Höhepunkte des Engels-Jahres war die feierliche Eröffnung des Engels-Hauses am 11. September 2021. In Anwesenheit von Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, wurde das Museum nach knapp fünf Jahren umfangreicher Sanierungsarbeiten mit der neuen Dauerausstellung zu Leben und Werk Friedrich Engels‘ offiziell wiedereröffnet. Über 300 Gäste – darunter Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung, Wuppertaler Bürger*innen sowie über 100 Projektteilnehmende von INSIDE OUT ENGELS – waren bei der Veranstaltung im Engelsgarten mit von der Partie. Highlight der offiziellen Museumseröffnung war die Enthüllung des internationalen Kunstprojektes INSIDE OUT ENGELS, konzipiert von Valentina Manojlov: Die Frontfassade des Engels-Hauses wurde komplett verhüllt. Auf einem imposanten, 10 mal 16 Meter großen Banner war ein Mosaik aus individuellen Schwarz-Weiß-Porträtfotos von 200 Wuppertaler*innen zu sehen, die dem berühmtesten Sohn der Stadt Wuppertal zum 200. Geburtstag gratulieren. In einer Zeremonie während der Eröffnungsveranstaltung fiel das Banner und gab den Blick auf das restaurierte Engels-Haus frei. Mit INSIDE OUT ENGELS reihen sich das Engels-Haus und die Stadt Wuppertal in die Riege der Inside Out Projekte des weltweit bekannten französischen Street-Art-Künstlers JR ein – im September 2021 fanden vergleichbare Urban-Art-Projekte des Künstlers in Washington, Tungasuca, Las Vegas und Detroit statt. Wuppertal sorgte mit INSIDE OUT ENGELS somit auch international für Aufsehen. „Das Engels-Haus wird ein zentraler Diskursort in Wuppertal sein, an dem die wissenschaftliche und gesellschafts-politische Auseinandersetzung mit Friedrich Engels auch in Zukunft stattfinden wird“, versichert Dr. Lars Bluma, Leiter des Museums Industriekultur Wuppertal.
Vielseitige Blickwinkel auf den gebürtigen Barmer
Am offiziellen Ende des verlängerten Engels-Jahres steht eine beeindruckende Bilanz: In über 200 Veranstaltungen wurde Friedrich Engels mit seiner vielschichtigen, teils widersprüchlichen Persönlichkeit als Textilunternehmer, Philosoph, kommunistischer Revolutionär, Gesellschaftstheoretiker, Journalist und Lebemann während des 21-monatigen Festjahres beleuchtet, analysiert, diskutiert und eingeordnet. Was vom Engels-Jahr bleibt, sind die vielseitigen Blickwinkel auf den gebürtigen Barmer, der mit seinem Schaffen weltweit in die Geschichtsbücher einging und noch heute ein wichtiger Impulsgeber für eine Gesellschaft im Umbruch ist.
Das Engels-Jahr stand unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Förderer waren die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Landschaftsverband Rheinland, die Stadtsparkasse Wuppertal, die Dr. Werner Jackstädt-Stiftung sowie die Wuppertaler Stadtwerke.