Tabarka
Tabarka ist eine Hafenstadt an der Grenze zwischen Tunesien und Algerien, die schon in der Antike für den Warenverkehr und das luxuriöse Leben reicher römischer Familien von Bedeutung war. Der Reiz der attraktiven Korallenküste wird verstärkt durch ein einzigartiges Hinterland, der Kroumirie, einem steil aufsteigenden Teil des Atlasgebirges, das von dichten Korkeichenwäldern geprägt ist und mit seinen Süßwasserstauseen zur Trinkwasserversorgung des Landes beträgt.
Tourismus und Handel erlebten nach 1997, dem Jahr des Anschlags auf die Synagoge in Djerba, einen wirtschaftlichen Einbruch. Tabarka besitzt einen eigenen gut ausgebauten Flughafen, der aber seit dem kaum noch aus Europa angeflogen wird.
Jasminrevolution und Arabischer Frühling
Seit dem Frühjahr 2011 sind dies feste Begriffe für den Aufbruch der arabischen Länder hin zur zivilgesellschaftlichen demokratischen Gesellschaft. Die Revolution ging friedlich und gewaltlos von Tunesien aus und führte hier im Herbst des gleichen Jahres zur ersten freien Wahl der Verfassungsgebenden Versammlung, die von der ganzen Bevölkerung stolz getragen wurde. Diese Versammlung bereitet den zukünftigen Weg des Landes vor und soll im Herbst 2013 ihre Arbeit beenden, die Verfassung verabschieden und Ende des Jahres zur Wahl des Parlamentes führen.
Der Verein
Wuppertaler Tunesier und politische Freunde aus dem sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Umfeld gründeten im September 2011 den Verein zur Förderung der Städtefreundschaft zwischen Wuppertal und Tabarka und seinem Umland e.V. kurz tabarka e.V., nachdem sich Kommunal- und LandespolitikerInnen spontan im Revolutionssommer ein Bild von der Situation in Tabarka gemacht hatten. Sie trafen dabei auf eine Gruppe engagierter Tunesier/innen – Lehrer/innen, Ärztinnen, die mit ihrem Zusammenschluss ADAK (frei übersetzt: Vereinigung zur Förderung der Hoffnung für die Kroumirie) den Anknüpfungspunkt für das Engagement der Wuppertaler/innen bieten: Hier begegnen sich Menschen von beiden Seiten auf Augenhöhe und mit dem festen Willen, den Aufbruch zur demokratischen Gesellschaft nach Kräften zu stützen und zivilgesellschaftliches Engagement gegen eine noch „alte“ Bürokratie zu setzen.
Aktuell kümmert sich der tabarka e.V. um die Linderung der größten Not im bitterarmen Umland Tabarkas. Jahrzehntelange Vernachlässigung durch die Machthaber des alten Regimes haben die Infrastruktur der Stadt und der gesamten Region fast ruiniert.
Am schlimmsten trifft es Grundschulen im ländlichen Bereich und das städtische Krankenhaus. Um die Sanierung der Schulen unterstützen zu können, wirbt der Verein Spendengelder ein. Dem Krankenhaus konnte schon geholfen werden, dank der großzügigen Spende von zwei Krankenwagen der Firmen Kießling und Accon, die Ostern von Vorstandmitgliedern persönlich nach Tunesien gefahren wurden. Sie lösen – ausgerüstet mit einem neuen EKG Gerät der life medics GmbH – den schrottreifen Transporter ab, der eher zur Gefahr als zur Rettung geworden war.
„tabarka e.V.“ hat aktuell ca. 60 Mitglieder und wird von Dietmar Bell / Vorsitzender, Gerd Holl / stellv. Vorsitzender und Michael Stodieck / Schatzmeister in enger Abstimmung mit dem erweiterten Vorstand Mohamed Chaaouani, Prof. Dr. Dietrich Höborn und Werner Eltzner geleitet.
Der Verein ist gut vernetzt mit den tunesischen Lobbyvereinen in Deutschland, ist Gesprächspartner des tunesischen Botschafters und des Konsuls in Bonn. Er unterstützt das Tunesien-Engagement der Landesregierung und auch das von Unternehmen, die in der Tabarka Region produzieren wollen. Er schiebt Austauschprogramme an und wirbt für Tabarka als idealen Küstenstandort für sanften und nachhaltigen Tourismus.
Die Wiederbelebung des legendären Tabarka-Jazz-Festival, jenem ehemals größten Jazzereignis im nord-afrikanischen Raum, durch Wuppertaler Künstlerinnen und Künstlern ist zwar noch Traum, aber drängt zur Verwirklichung,…zumal es auch in Tabarka wieder Zeichen der Hoffnung gibt.
Begegnungen
Durch diese einzigartigen Kontakte zu einer NGO (Nicht- Regierungsorganisation) – ADAK - in Tunesien trifft der tabarka e.V. auf entwicklungspolitische Interessen über Wuppertals Stadtgrenzen hinaus. Der Verein zur Förderung der Städtefreundschaft zwischen Wuppertal und Tabarka und seinem Umland e.V. bietet mit seiner Struktur und den guten und direkten Beziehungen zur Bevölkerung in Tabarka über die ADAK, die Gewissheit, auch Förderprogramme des Landes und der Europäischen Union direkt und schnörkellos umsetzen zu können.
Deshalb kam es schon im Sommer 2012, nachdem Vorstandsmitglieder des tabarka e.V. im Herbst 2011 und Neujahr 2012 kurzfristig in Tabarka mit ADAK die Perspektiven erörtet hatten, zu einer gemeinsamen Arbeitswoche in Wuppertal.
Die Freunde der ADAK waren auf Einladung der Stadt Wuppertal Gäste der Stadtsparkasse, der Universität und der Abfallwirtschaftsgesellschaft, sie begegneten Kolleginnen und Kollegen im Bethesda-Krankenhaus und in der Else Lasker-Schüler Gesamtschule.
Ein geplanter Jugendaustausch konnte konkretisiert werden. Die Delegation aus Tabarka traf sich mit der diTib und stand im Landtag der Präsidentin Rede und Antwort. Auch wenn die Schwebebahn eine Baupause einlegte, mangelte es nicht an kulturellen Eindrücken zwischen Marx-Engels-Zentrum und Konzert im Skulpturenpark. Dem CSCP* – einer Kooperation des Wuppertal Instituts und der UNEP, dem Umweltprogramm der UNO - stellten die Gäste Unternehmensideen vor, die aus der Bevölkerung kommen und die an die traditionellen Wirtschafträume Tabarkas anknüpfen: Wald und Meer. *Das CSCP berät die „würdigen“ Unternehmensgründer und hilft ihnen dabei, ihre Projekte für internationale Geldgeber antragsreif zu formulieren.
Der tabarka e.V. übernimmt dabei beratende Funktion und kann Mittler für „Fundraising“Finanzierung sein, wenn es um die direkte Anschubfinanzierung von Kleinunternehmen in Tabarka geht.
tabarka e.V. organisierte und führte im Herbst 2012 eine Bildungsreise nach Tabarka durch, die auf großes Interesse und hohe Beteiligung stieß. Diese Gruppe erlebte das politische Tunesien genau so intensiv wie die einmalige Urlaubsszenerie Tabarkas und verließ das Land voller Hoffnung.
Ähnlich beeindruckend verlief die Begegnung der Jugendlichen aus beiden Städten in beiden Städten; die tunesischen Jugendlichen waren im Dezemeber 2012 zu Gast in Wuppertal, im März 2013 folgte der Gegenbesuch in Tabarka. Eine deutsche Teilnehmerin lernt mittlerweile intensiv Arabisch! Die Jugendlichen halten Kontakt via „social net“, jenem herrschaftsfreien Medium, das die Jasminrevolution erst ermöglichte.
Der gewerkschaftliche Bildungsträger „Arbeit & Leben NRW“ unterstützt den Verein in diesen Anliegen.
Text: Dietmar Bell