Alles mit dem Rollstuhl erreichbar
Neben einigen Rampen sind dafür allein fünf Aufzüge nötig. Bisher gab es keinen.
„Die Baumaßnahme ist ein gutes Beispiel, um zu zeigen, welche Klimmzüge wir machen müssen, um in unseren Gebäuden Barrierefreiheit herzustellen“, sagt Mirja Montag, Betriebsleiterin des Gebäudemanagements der Stadt Wuppertal (GMW). „Die bergische Topografie, die Enge des Geländes, die Gegebenheiten der bestehenden Gebäude und der Denkmalschutz – alles trifft hier zusammen, um die Planer vor gewaltige Herausforderungen zu stellen.“ Dennoch: Sämtliche Gebäudeteile und Schulhofflächen werden auch für Menschen im Rollstuhl erreichbar sein. Allerdings nicht immer auf dem kürzesten Weg.
Geschosse neu geplant
Größtes Problem: Die Bestandsgebäude mit dem denkmalgeschützten Altbau im Zentrum haben jeweils unterschiedliche Geschosshöhen. Nur vereinzelt existieren daher ebene Übergänge zwischen den Häusern oder lässt sich eine barrierefreie Rampe erstellen. Und auch im geplanten Neubau werden vier seiner sechs Etagen nicht auf einer Ebene mit dem angrenzenden Altbau liegen. Denn um die maximal zulässige Gebäudehöhe nicht zu überschreiten, mussten die oberen drei Geschosse mit einer niedrigeren Höhe als im Altbau geplant werden. Ansonsten wären im Neubau nur fünf Etagen möglich gewesen – zu wenig für den Bedarf der Schule. Und andere Lösungen lässt das zwischen den Nachbargrundstücken eingezwängte Areal nicht zu.
Aufzüge mit Umwegen
Die Folge: Jedes der vier Gebäude erhält einen eigenen Aufzug (mit der Möglichkeit zum Liegendtransport im Rettungsfall), und selbst im Schulhof muss einer errichtet werden. Trotzdem: Wer mit einem Rollstuhl zum Beispiel von einem Klassenraum im ersten Obergeschoss des südlichen Erweiterungsbaus zum Physikunterricht fahren möchte, muss Umwege nehmen. Erst mit dem Aufzug in die dritte Etage, von da in den Altbau, dort mit dem Aufzug zurück in die erste Etage, von da in den Neubau und zuletzt mit einem weiteren Aufzug wieder eine Etage hoch. Um wenigstens die Wege zu den sanitären Anlagen so kurz wie möglich zu halten, werden fast auf jeder Etage eines Gebäudeteils barrierefreie WCs geschaffen. Zwei barrierefreie Pkw-Stellplätze werden ebenfalls vorgehalten. Und die Bushaltestelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die der Verlegung der Feuerwehrzufahrt weichen muss, wird barrierefrei ein paar Meter weiter westlich neu errichtet.
Für Menschen mit Sehbehinderung werden die Oberflächen kontrastreich gestaltet, die Hauptwege erhalten ein Bodenleitsystem, Handläufe und Schilder werden zum Teil taktil beschriftet. Und die Aula wird mit einer Induktionsschleife für Personen mit Hörbehinderung versehen.
Auch für Kinderwagen
Von der UN-Behindertenrechtskonvention bis hin zur DIN 18040-1: Die rechtlichen Grundlagen und Regelungen für barrierefreies Bauen sind zahlreich. Ziel ist es, die baulichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich ein Mensch mit einem Handicap genauso in und durch ein Gebäude bewegen kann wie jemand, der nicht eingeschränkt ist. Das gilt nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern zum Beispiel auch für Personen mit Kinderwagen, kleinwüchsige Menschen, Sportler mit Verletzungen oder Lieferanten. „Vollständige Inklusion erreichen wir, wie das Beispiel zeigt, in unseren Bestandsgebäuden selten“, bedauert Mirja Montag. Barrierefreiheit bedeute zudem immer die Planung von Mehrflächen. Aber: „Wenn sie von Anfang an mitgedacht wird, lässt sie sich in der Kostenplanung verlässlich beziffern.“
Baumaßnahme individuell betrachtet
Bei schwierigen Geländeverhältnissen oder ungünstiger vorhandener Bebauung kennt die Bauordnung Nordrhein-Westfalen zudem Einschränkungen der Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden. Voraussetzung dafür ist, dass die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen finanziellen Mehraufwand erfüllt werden können. Ab welchem prozentualen Anteil an den Gesamtkosten ein Mehraufwand als unverhältnismäßig anzusehen ist, dazu gibt es jedoch keine klare Regelung. „Deshalb wird im GMW in Abstimmung mit der Behindertenbeauftragten der Stadt und dem Beirat der Menschen mit Behinderung jede einzelne Baumaßnahme individuell betrachtet und diskutiert“, erläutert Montag.
Der Klimawandel und die Hanglage an der Siegesstraße erfordern auch Maßnahmen zum Starkregenschutz. Dieser jedoch steht mit seiner Vorliebe für höher gelegene Eingänge und Stufen in Konkurrenz zur Barrierefreiheit, die Niveaugleichheit favorisiert. Um den Interessenskonflikt zu lösen, wird unter anderem eine unterirdische Regenrückhaltung geplant.