Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP werden die Probleme benachteiligter Kommunen in zwei Abschnitten behandelt (S. 163f. und S. 127 ff.). „Wir fühlen uns verstanden und hoffen darauf, dass die Versprechen gehalten werden“, sagt Dr. Johannes Slawig, Wuppertals Stadtdirektor und Sprecher des Aktionsbündnisses. Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ repräsentiert rund neun Millionen Bürgerinnen und Bürger.
Altschuldenlösung
Die benachteiligten Kommunen haben seit dem Höchststand der Liquiditätskredite im Jahr 2015 (50,4 Milliarden Euro) deren Stand bis zum 31. Dezember 2020 um mehr als 15 Milliarden Euro gesenkt. Die Ampel-Koalition sagt in ihrem Vertrag nun zu, dass der Bund seinen Teil zur Altschuldenlösung beiträgt. Sie spricht von einer „einmaligen Kraftanstrengung von Bund und Ländern“ und kündigt an, die Gespräche dazu 2022 führen zu wollen. „Damit könnte das Hin-und-Her-Schieben von Verantwortung, das wir in den vergangenen Jahren so oft und so bitter erfahren mussten, endlich ein Ende finden“, sagt Slawig. Die benachteiligten Kommunen werden ihre Forderungen insbesondere bei den Regierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wiederholen, weil es in diesen Ländern bisher keine Altschuldenregelung gibt.
Kommunale Investitionen
Die betroffenen Städte und Kreise haben positiv wahrgenommen, dass die Ampel-Koalition sie bei Investitionen in Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Digitalisierung auch über die Altschuldenlösung hinaus unterstützen möchte. Hemmnisse sollen abgebaut und die Bedingungen für benachteiligte Kommunen angepasst werden. „Das könnte im Zusammenhang mit einer neuen Förderpolitik eine wichtige Wirkung in den Kommunen entfalten“, sagt Slawig.
Förderprogramme
Die bisherige Förderpolitik des Bundes passt nicht zu benachteiligten Kommunen. Sie haben nicht das Personal, um die aufwändigen Antragsverfahren zu bewältigen, und ihnen fehlen oft auch die Eigenmittel, die dabei vorausgesetzt werden. Am Ende profitierten von den Förderprogrammen meist die wohlhabenden Städte. Die Koalition hat nun erklärt, dass sie die kommunalen Förderprogramme entbürokratisieren und dort, wo möglich, sinnvoll bündeln möchte. Der Eigenanteil von benachteiligten Kommunen soll reduziert oder ersetzt werden. Aus Sicht des Aktionsbündnisses „Für die Würde der Städte“ geht dies in die richtige Richtung. Allerdings müssen dabei unbedingt auch die Folgekosten einer Förderung berücksichtigt werden.
Beim Thema Sozialkosten fehlt ein wichtiger Aspekt
In einem Punkt hatten sich die benachteiligten Kommunen mehr erhofft. Wesentliche Ursache für die Lasten der Kommunen ist die ungerechte Finanzverteilung in der Sozialpolitik. „Wer bestellt, bezahlt“ lautete deshalb eine Forderung des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“. Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, dass die Bundesregierung bei neuen Aufgaben im Sozialbereich stärker auf die „Ausgewogenheit der Finanzierung“ achten möchte. „Für die Würde unserer Städte“ weist in diesem Zusammenhang noch einmal deutlich auf die bereits vorhandenen Aufgaben hin. In einigen Bereichen, etwa in der Jugendhilfe, steigen die Kosten vor Ort massiv an. Die benachteiligten Kommunen fordern daher einen höheren Anteil des Bundes, zum Beispiel bei den Kosten der Unterkunft oder den Hilfen zur Erziehung.