Geübte Praxis also. Doch wurde für die Gesamtsanierung des Standorts Schluchtstraße des Berufskollegs am Haspel dennoch Neuland betreten: Zum ersten Mal wurde in Wuppertal eine „Phase Null“ nicht für eine allgemein-, sondern für eine berufsbildende Schule durchgeführt.
Sanierung notwendig
Das 1965 errichtete Gebäude im Schulzentrum am Kothen muss energetisch und brandschutztechnisch saniert werden. Dazu ist ein vorhergehender Schadstoffausbau erforderlich, für den das Haus vermutlich bis auf den Rohbau zurückgesetzt werden muss. Das bietet die Chance, das als klassische „Flurschule“ angelegte Gebäude, das über ausgedehnte, aber nicht sinnvoll nutzbare Verkehrsflächen verfügt, an den veränderten Bedarf des Berufskollegs anzupassen. Ein Jahr lang haben sich Vertreter der Schulgemeinde, des Stadtbetriebs Schulen und des Gebäudemanagements der Stadt Wuppertal (GMW) unter Beteiligung des benachbarten Gymnasiums am Kothen Gedanken darübergemacht, welche Anforderungen das Haus künftig erfüllen soll.
Als Schule für Gestaltung und Technik bietet das Berufskolleg am Haspel zum einen sehr unterschiedliche Bildungsgänge (von der Ausbildungsvorbereitung bis zur Fachoberschule) und zum anderen sehr viele Fachbereiche. Entsprechend vielfältig ist die Schülerschaft. Wichtig sind der Schulgemeinde insbesondere die Pflege der zahlreichen Kooperationen mit Betrieben und anderen Schulen und die Bewältigung des beispielsweise durch die wachsende Digitalisierung erforderlichen Wandels. Dies alles soll in einer „gesunden“ Schule mit viel Licht, guter Luft und zahlreichen Bewegungsmöglichkeiten stattfinden.
Neues Cluster
Das Schulgebäude wird künftig nach Fachbereichen, nicht wie bisher nach Bildungsgängen gegliedert. Neun Cluster sollen gebildet werden: jeweils eines für die Bereiche „Friseur und Florist“, „Textil und Bekleidungstechnik“, „Farb- und Raumgestaltung, Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer“, „Medien und Gestaltung“, „Metall- und Elektrotechnik“ und „Holztechnik“, eines für die Ausbildungsvorbereitung und die internationale Förderklasse sowie zwei für allgemeinbildende Fächer wie Deutsch und Englisch. Die Cluster umfassen je einen oder mehrere Unterrichtsräume und weitere Räume, etwa zu Differenzierung und Besprechung, sowie eine gemeinsame Mitte als Selbstlernzentrum. Die Fachbereichscluster verfügen darüber hinaus über Werkstattbereiche. Ein großes Gemeinschaftscluster soll zugleich Foyer und Pausenhalle als auch „Marktplatz“ sein, auf dem zum Beispiel Arbeiten der Schüler ausgestellt oder Informationen zur Arbeitsvermittlung angeboten werden können.
Planungsprozess
Weil das Berufskolleg am Haspel künftig auf die Standorte Haspel und Schluchtstraße konzentriert werden soll (der Standort Ritterstraße wird für die Dependance der Hauptschule Barmen-Südwest benötigt), wird die Schluchtstraße künftig auch bisher an der Ritterstraße angesiedelte Bereiche beherbergen. Für die dann bis zu 1.300 Schüler am Standort Kothen reichen die rund 11.500 Quadratmeter Brutto-Grundfläche des Bestandsgebäudes nicht aus. Dazu kommt, dass das benachbarte Gymnasium wegen der Umstellung auf G9 weitere Räumlichkeiten benötigt. Deshalb muss die vorhandene Fläche erweitert werden. Schnittstellen zum Gymnasium ergeben sich zudem bei der Nutzung der Außenanlagen und des Bistros. Dafür kann das Berufskolleg die Aula des Gymnasiums mitnutzen.
GMW-Produktmanager Thomas Lehn ist voll des Lobes: „Lehrkräfte, Schüler, Sozialpädagogin, Sekretärin und Hausmeister haben sich an den Workshops ausgesprochen rege beteiligt. Und auch die wegen Covid-19 von März auf September verschobene Abschlussveranstaltung war – mit Abstand und Maske – gut besucht.“ Zudem wurde Pionierarbeit geleistet: Für die geplante Exkursion zu einem Berufskolleg mit vergleichbaren Bildungsgängen in neuen Raummodellen hatte sich kein geeignetes Anschauungsobjekt gefunden. Deswegen sahen sich die Beteiligten die Cluster-Lösung am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium an, das aus der ersten „Phase Null“ in Wuppertal entstanden ist.
Wie sich die Anforderungen an den Standort Schluchtstraße umsetzen lassen, darüber muss sich nun ein Architekturbüro Gedanken machen. Die europaweite Ausschreibung ist unterwegs. Wenn alles gut läuft, soll der Auftrag im Februar kommenden Jahres erteilt und die Entwurfsplanung Ende 2021 dem Rat vorgelegt werden. Gewünschter Baubeginn ist der Sommer 2022, als Fertigstellungstermin ist Mitte 2025 ins Auge gefasst.
Ersatzstandort
Der Unterricht wird während der Sanierung in Containern auf dem Grundstück am Kothen stattfinden. Ein Teil davon wurde schon für die laufende Sanierung des Gymnasiums angemietet und zwischenzeitlich vom GMW erworben. Weitere Container werden dort aufgestellt, wo sich momentan die Container für die Grundschule Peterstraße befinden, die nicht gekauft werden konnten.
Für die Sanierung wurden in der mittelfristigen Finanzplanung 24 Millionen Euro in den Haushalt gestellt. Belastbare Zahlen zu den Kosten von Sanierung und Erweiterung kann es aber erst nach der Entwurfsplanung geben.