Alle sechs Großbogenbrücken wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut und gelten aufgrund ihrer Konstruktion als herausragende Beispiele der Ingenieurbaukunst. Gemeinsam bewerben sie sich als serielles, transnationales UNESCO-Weltkulturerbe.
Bewerbung pünktlich nach Düsseldorf gebracht
Der erste Meilenstein führt nun zur so genannten Tentativliste (Vorschlagsliste) in Deutschland. Alle Staaten, die der Welterbekonvention beigetreten sind, sind gehalten, eine solche Liste zu führen. Ein Großteil der deutschen Liste ist nun „abgearbeitet", deshalb wurde sie für neue Vorschläge von Interessensbekundungen der Länder geöffnet. Die Bewerbung zur Aufnahme führt über das nordrhein-westfälische Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und endete am 31. Oktober. Am vergangenen Freitag wurden die Unterlagen pünktlich vom Solinger Rathaus nach Düsseldorf gebracht.
„Wir sind überzeugt davon, dass wir gemeinsam mit den Welterbe-Experten eine fundierte Bewerbung auf den Weg gebracht haben. Mit dem Fokus auf der Müngstener Brücke zeigen wir deutlich, welche Bedeutung die Großbogenbrücken haben. Akzentuiert haben wir ihren außergewöhnlichen Wert über nationale Grenzen hinweg heraus gearbeitet", erläutert Welterbe-Koordinator Carsten Zimmermann. Er leitet im Solinger Rathaus die Strategische Planung im Büro des Oberbürgermeisters und betreut den Bewerbungsprozess, für den Solingen die Federführung übernommen hat. Zimmermann erläutert, dass die internationalen Partner die nationale Bedeutung ihrer Brücken zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls darstellen und den Antrag damit vervollständigen werden.
Startschuss war 2017
Bereits 2011 hatte sich das Bergische Städtedreieck am Interessenbekundungsverfahren des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt. Auch damals war jedes Bundesland aufgerufen, zur Aktualisierung der bundesdeutschen Vorschlagsliste potenzieller künftiger Welterbestätten maximal zwei Vorschläge zu melden. Die Jury und das Land NRW trafen eine andere Entscheidung, doch sie attestierten der Region eine hervorragende Bewerbung und forderten ausdrücklich auf, eine serielle transnationale Bewerbung mit vergleichbaren Brückenbauwerken in Europa auf den Weg zu bringen, um so die Chancen bei der UNESCO signifikant zu erhöhen.
Diese Bewerbung liegt nun vor. Den Startschuss für einen gemeinsamen Weg zum Welterbe mit internationalen Partnern hatten die drei Bergischen Oberbürgermeister 2017 zum 120. Geburtstag der Müngstener Brücke gegeben. „Seither ist vieles gewachsen. Auf der operativen Ebene haben wir zueinander gefunden und uns organisiert, dabei neue Freunde in Portugal, Italien und Frankreich gefunden. Wir schlagen Brücken in Europa", betont Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach. „Die Welterbe-Bewerbung hat auch deshalb für uns höchste Priorität. Wir haben ein überzeugendes Nominierungs-Dossier auf den Weg gebracht. Jetzt hoffen wir auf eine positive Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen."
Symbol für den europäischen Gedanken
Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz hebt hervor: „Die Großbogenbrücken sind Denkmäler der europäischen Industrialisierung, die es zu schützen und zu erhalten gilt. Aber ihre herausragende Bedeutung geht noch weit darüber hinaus: Sie als Weltkulturerbe zu vereinen, ist zugleich ein Symbol für den europäischen Gedanken."
„Die Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern war eine einzigartige Erfahrung. Sollten wir mit der gemeinsamen Bewerbung nun Erfolg haben, so hätte dies eine enorme Ausstrahlung, die weit über unsere Region hinausgeht", sagt Frank Meyer, Technischer Beigeordneter der Stadt Wuppertal.
Bauwerk als Aushängeschild
Für die Deutsche Bahn habe die Welterbe-Bewerbung allerhöchste Priorität, erläutert Werner Lübberink, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn in Nordrhein-Westfalen. „Der Bewerbungsprozess ist hervorragend organisiert und ich wünsche mir eine positive Entscheidung auf Landesebene". Er fügt an: „Gerade die Müngstener Brücke ist für uns ein Aushängeschild und ein Bauwerk, auf das das wir sehr stolz sind." Das Welterbe-Verfahren mache die Ingenieurskunst, die man hier und bei den Partner-Brücken erkennen könne, noch einmal ganz besonders deutlich.
Und so geht es nun weiter: Eine Fachjury prüft auf Landesebene die eingereichten Bewerbungen, danach legt das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung dem Landeskabinett einen Vorschlag zur Entscheidung vor. Bis Oktober 2021 meldet jedes Bundesland zwei Vorschläge zur Aufnahme in die UNESCO-Liste des Kultur- und Naturerbes auf Bundesebene. NRW ist sogar mit drei Meldungen dabei: Die „Kulturlandschaft Ruhrgebiet" kann nach Überarbeitung noch einmal antreten. Im Oktober 2023 trifft die Kultusministerkonferenz (KMK) ihre Entscheidung, im Januar 2024 wird die neue Tentativliste bei der UNESCO eingereicht. 2025 soll das erste Projekt von dieser Liste als Welterbe angemeldet werden.