Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem traditionellen Benefizkonzert am Tag der Deutschen Einheit.
Bevor ich weiter spreche, möchte ich unseren Blick nach Las Vegas lenken. Die schrecklichen Ereignisse dort machen mich sprachlos und tief betroffen. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen. Ich bitte Sie, sich zum Gedenken an die Opfer von den Plätzen zu erheben.
Es fällt schwer, jetzt zu einem festlichen Konzert überzugehen. Aber wir dürfen uns von Attentätern und Terroristen nicht unsere Lebensweise vorschreiben lassen. Dann hätten diese ihr Ziel nämlich erreicht.
Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind und unser Sinfonieorchester Ihnen heute wieder einen musikalischen Hochgenuss präsentieren wird.
Ganz besonders begrüße ich die Generalmusikdirektorin, Julia Jones, die erstmalig dieses Konzert dirigieren wird. Wir haben ein erstklassiges Orchester und das wird auch so bleiben!
Sie hören heute Werke von Wagner, Beethoven, Tschaikowsky, Klughardt und Rietz.
Ganz besonders begrüße ich unsere beiden Ehrenbürger - Ursula Kraus und Dr. Jörg Mittelsten Scheid - herzlich willkommen!
Heute feiern wir zum 27. Mal den Tag der Deutschen Einheit. Sicherlich immer wieder ein Grund, mit großer Freude auf die friedliche Revolution in der DDR zu blicken, an deren Ende die deutsche Einheit stand. Ein langer Weg von der Teilung Deutschlands nach der Befreiung vom Faschismus bis hin zur langersehnten Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990.
Aber am Tag der Deutschen Einheit gibt es auch Grund, über die innere Einheit der deutschen Gesellschaft nachzudenken.
Schauen wir zunächst auf die letzte Bundestagswahl bzw. den Wahlkampf und das Ergebnis. Wir müssen feststellen, dass es in Deutschland offenbar wieder ohne Sanktionen möglich ist, offen rassistisch zu argumentieren, Minderheiten zu diskriminieren, gegen Zuwanderer zu hetzen und Sorgen und Ängste von Menschen bewusst zu missbrauchen.
Der blanke Hass, der auf Demonstrationen oder in Gesprächen demokratischen Politikern entgegenschlägt, besorgt mich und zeugt von einer drohenden Spaltung der Gesellschaft.
Es höchste Zeit, dass alle Demokraten klar bekennen: Rassismus ist nicht mit unserem Grundgesetz zu vereinbaren. Artikel 1 des GG lautet nämlich:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Und zwar für alle Menschen- unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Muttersprache, sexueller Orientierung und Religion. Wir dürfen und werden niemals- niemals- zulassen, dass Parteien und deren Vertreter unser Grundgesetz mit Füßen treten.
Aber die demokratischen Parteien müssen sich die Frage stellen, warum rund 13 Prozent der Wähler sich für eine Partei entscheiden, die offen extrem rechte Positionen vertritt?
Ich glaube, dass wir in einer Zeit der Globalisierung, der Verkomplizierung des Alltags und der zunehmenden Geschwindigkeit von Veränderung es nicht geschafft haben, auf die doch eigentlich einfachen aber sehr wichtige Fragen des Lebensalltags ausreichend Antworten zu finden bzw. diese zu vermitteln: Bildungsgerechtigkeit, Kinderbetreuung, Sicherheit des Arbeitsplatzes, auskömmliche Renten, Armut in unserer so reichen Gesellschaft und vieles mehr.
Politik muss sich wieder verstärkt den Menschen zuwenden.
Menschen, die Fragen haben, die Angst vor Abstieg, vor Arbeitslosigkeit und Altersarmut haben. Wir müssen zuhören und Vertrauen wieder herstellen. Denn diese 13 Prozent sind nicht allesamt Menschen, die rechte Inhalte teilen, sondern Menschen, die sich Sorgen machen und sich daher Gehör verschaffen möchten.
Es ist meines Erachtens die Aufgabe der demokratischen Parteien, den gesellschaftlichen Grundkonsens wieder herzustellen. Durch Zuwendung - aber auch durch Investitionen in Bildung, Betreuung, Rente und Arbeit. Das Geld ist dank großer Bundesüberschüsse vorhanden.
Investieren wir in Gerechtigkeit und in den inneren Frieden unseres Landes!
Aber wir müssen uns auch einer weiteren - größer werdenden - Gruppe zuwenden. Den Menschen in Armut. Die Schere in unserem reichen Land zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander.
Alleine in Wuppertal ist rund jedes dritte Kind arm, wächst auf ohne Chance auf gesellschaftliche Teilhabe. Wir müssen dringend unsere Kräfte bündeln, um den Menschen ohne ausreichend Einkommen und ohne ausreichend Chancen auf Teilhabe zu zeigen, dass sie genauso in der Mitte der Gesellschaft stehen, wie alle anderen auch. Denn niemand hat es verdient, am Rande unserer Gesellschaft zu sein.
Solidarität und Nächstenliebe gebieten uns, dass wir das Thema Armut entschieden bekämpfen. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bund und Länder müssen massiv investieren und unterstützen.
Aber auch auf lokaler Ebene müssen wir bei uns in Wuppertal alles in unserer Macht stehende tun, um Armut zu bekämpfen.
Daher habe ich das Bündnis gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit ins Leben gerufen. Der Auftakt mit über 250 Teilnehmern vor rund zwei Wochen macht Mut.
Gemeinsam wollen wir unsere Kräfte bündeln, nach lokalen Verbesserungspotenzialen suchen und das, was gut läuft noch besser machen. Mit Projekten um Fördermittel und Sponsoren werben. Und natürlich müssen wir die Präventionsarbeit ausbauen.
Es muss uns gelingen bei Kindern, die es zu Hause nicht so gut haben, die Bildungsfrage positiv zu beantworten. Die Kinder und Jugendlichen müssen in die Lage versetzt werden, einen erfolgreichen Schulabschluss
und anschließend eine Ausbildung zu machen. Das ist gut investiertes Kapital, denn jeder weiß:
Vorbeugen ist besser als heilen!
Daher ist es auch ein Gebot der Ökonomie, in die Bekämpfung von Armut zu investieren. Denn der Mangel an Fachkräften ist schon heute eklatant. Wenn aber tausende Wuppertaler Kinder aufgrund ihrer Herkunft und sozialer Lage eine schlechte Bildungsbiographie haben, dann sind diese auch nicht die künftigen Fachkräfte von morgen.
Meine Damen und Herren,
Der Erlös der heutigen Veranstaltung geht an den Verein Aufbruch am Arrenberg, der sich sehr für die Integration im Quartier und ein gutes Miteinander einsetzt und das Stadtviertel bereits hervorragend voran gebracht hat.
Denn Demokratie ist keine Zuschauerveranstaltung. Demokratie lebt davon, dass wir uns alle beteiligen. Und ich weiß, dass Engagement hier in Wuppertal sehr groß geschrieben wird. Dafür bin ich sehr dankbar und zolle allen, die sich für unsere Gesellschaft und die Mitmenschen engagieren großen Respekt.
Bleiben Sie am Ball, ermutigen Sie andere mitzumachen und vor allem: erheben Sie bitte Ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit, schauen Sie hin und mischen sich ein, wenn sie helfen können. Gemeinsam - nur gemeinsam schaffen wir eine gerechte Gesellschaft und zeigen denen die rote Karte, die unser Land spalten wollen. Eine in den Grundprinzipien einige Gesellschaft ist eine starke Gesellschaft. Und ein Bündnis gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit ist auch Beitrag für die Einheit Deutschlands. Denn die muss nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen allen Menschen hergestellt werden.
Machen wir in Wuppertal vor, was wir von Deutschland erwarten!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!