Alle drei Stockwerke des Von der Heydt-Museums sind der Präsentation von Tony Craggs raumgreifenden Werken gewidmet. Sein Oeuvre hat sich seit den 1970er Jahren über mehr als vier Jahrzehnte in großer Vielfalt entwickelt, die nun bis zum 14. August am Turmhof zu sehen ist.
Werke von 1969 bis heute
Insgesamt 250 Exponate umfasst die Ausstellung - das älteste von 1969, die neuesten aus jüngster Zeit. Die Ausstellung beginnt mit Fotos seiner frühen Experimente im Umkreis von Minimal Art, Konzept Kunst und Arte Povera. Craggs Blick ist zunächst auf die nicht nur materiell, sondern auch ästhetisch "armen" Materialien, auf den Zivilisationsmüll des Alltags gerichtet.
Bekannt wurde Cragg zuerst für seine Wandreliefs aus buntem Plastikmüll. Der Schritt ins Dreidimensionale ergab sich aus seinem Interesse an der Vielfalt der Formen, die der moderne Alltag hervorbringt.
Neben der vorgefundenen Form ist es das Material, an dem sich der Künstler abarbeitet. Von Plastik über hochpolierten Edelstahl, Gips, Bronze und Glas bis zu geschliffenem Schichtholz: Jedes Material ermöglicht besondere Formen, jede Form erfordert ihr Material. Jede Form ist auf der Basis der Erfahrungen entstanden, die der Künstler an der vorangegangenen gemacht hat.
Von "Early Forms" zu "Rational Beings"
Ende der 1980er Jahre schuf Tony Cragg die ersten Stücke der Gruppe "Early Forms", denen verschiedene Gefäßformen wie Kolbengläser, Flaschen und Kanister zugrunde liegen. Zwei der frühesten stehen in imposanter Größe heute vor dem Museumsportal. Ganz frische Werke, die erst im Zuge dieser Ausstellung das Atelier von Cragg oder die Gießerei verlassen haben, markieren den vorläufigen Endpunkt dieser Reihe. Hier ist zu sehen, wie das Thema Innen/Außen einerseits zu Skulpturen von Harmonie und Ausgeglichenheit führt, andererseits auch höchst bizarre Exemplare hervorbringt.
Ein Werk wächst aus dem anderen, so dass sich Werke zu Gruppen und Serien ordnen lassen - zu sehen an ihrer Titelgebung. Parallel entstehen Einzelwerke oder nur wenige Exemplare umfassende Serien, in denen der Künstler mit unterschiedlichen Ideen der Oberflächengestaltung oder Formenentwicklung spielt.
Im zweiten Obergeschoss beginnt die Werkfamilie der "Rational Beings" mit der ersten, dreiteiligen Gruppe aus Fiberglas aus dem Jahr 1995. Von einfachen Formen geht die Entwicklung zu zunehmend komplexer werdenden Gestaltungen. Das Portrait und die Ganzfigur sind klassische Themen der Bildhauerei, die sich wiederfinden. Drei monumentale farbig gefasste Säulen sind die jüngsten Werke dieser Gruppe und bilden einen Blickfang in einem der insgesamt 26 von Tony Cragg gestalteten Räume.
Zeichnen und drucken
Auch in anderen Techniken hat sich der Künstler ausprobiert. Zeichnungen und Druckgraphiken aus allen Schaffensphasen sind im Mezzanin des Museums zu sehen. Manche dienen als Entwurfszeichnungen, andere stehen als Werke für sich oder beschäftigen sich mit Formenexperimenten. Die Arbeiten zeigen Cragg als analytischen Zeichner.
"Mit 120 Skulpturen und über 130 Fotografien, Zeichnungen und Druckgraphiken gibt die Retrospektive einen Einblick in das Werk eines bedeutendsten Bildhauer unserer Zeit", so Museumsleiter Dr. Gerhard Finckh.