Die beiden Verwaltungschefs folgen mit ihrem Appell einer Empfehlung von Prof. Dr. Martin Junkernheinrich, der an seinem Lehrstuhl an der Technischen Universität Kaiserslautern seit vielen Jahren speziell die Finanzausstattung von bundesdeutschen Kommunen analysiert. Für ihn ist klar: "Finanzprobleme muss man in guten Zeiten lösen. Sobald die Konjunktur wieder schwächelt, schrumpfen die politischen Handlungsspielräume dramatisch. Dann bricht erfahrungsgemäß politische und bürokratische Hektik aus, werden Notlöcher gestopft, jedoch keine strukturell wirksamen Langzeitentscheidungen mehr gefällt."
Uwe Bonan, Sprecher des Aktionsbündnissen aus Mülheim sagt: "Wir sind in gewissem Maße Leidtragende positiver Gesamtstatistiken. Sie überdecken mit der Stärke anderer die Schwäche einzelner. Meine Kollegen und ich wünschten uns, die Politiker würden auch aus der Vogelperspektive genauer hinschauen. Dann wäre jedem klar, dass gehandelt werden muss. Während es vielen Kommunen ohne Strukturschwächen, vor allem außerhalb von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, gut oder wenigstens ziemlich gut geht, können wir unsere Verschuldung selbst in guten Jahren nicht reduzieren.“
Das bedeutet im Klartext: Wenn die Konjunktur wieder einbricht und/oder wenn die derzeit niedrigen Zinsen vor allem für Kassenkredite, mit denen bis auf ganz wenige die nordrhein-westfälischen Kommunen seit Jahren ihre staatlich verordneten Pflichtaufga-ben finanzieren, angehoben werden, kann - so Prof. Junkernheinrich - "die kommunale Finanzkrise mit voller Wucht zurückkommen. Man darf nicht der Illusion verfallen, dass die guten Jahre dauerhaft bleiben. Daher müssen jetzt die Weichen für eine grundsätzli-che Problemlösung gestellt werden."
Dazu sagt Wuppertals Kämmerer Johannes Slawig: "Wir haben in den vergangenen Jahren durch eine Vielzahl von Sparentscheidungen den Bürgerinnen und Bürgern Schmerzliches verordnen müssen. Um dauerhafte Haushaltssanierung und Altschuldenabbau zu erreichen, muss die kommunale Finanzreform als nächster Schritt unbedingt kommen. Schon jetzt haben die Lebensbedingungen zwischen reichen und armen Städten eine massive Schieflage. Auf Dauer ist diese Zwei-Klassen-Gesellschaft nicht hinzunehmen."