Auch Zoo-Tieren bleibt manchmal der Besuch beim Zahnarzt nicht erspart. So mussten kürzlich unserem betagten Orang-Utan-Weibchen "Jakowina" gleich sieben Zähne gezogen werden.
Für die Behandlung wurde Jakowina per Blasrohrpfeil in Vollnarkose gelegt und eine rückwärtige Anlage des Menschenaffenhauses kurzum in eine Zahnarztpraxis umfunktioniert. Auf Einladung des Zoo-Veterinärteams nahm sich dort der Zahnarzt und Kieferchirurg Dr. Dr. Diedrich Stindt dieses ungewöhnlichen Patienten an. Dr. Stindt ist eigentlich auf menschliche Zahnprobleme spezialisiert, fühlte aber auch in der Vergangenheit schon einigen tierischen Patienten auf den Zahn.
Die Ursache der Zahnprobleme ist zum einen auf Jakowinas hohes Alter zurückzuführen. Das Menschenaffen-Weibchen ist bereits 49 Jahre alt, in der Natur muss ein Orang-Utan-Gebiss in der Regel nur 35 bis 40 Jahre halten.
Zum anderen kann eine in der Vergangenheit stark zuckerhaltige Ernährung Mitschuld an Jakowinas schlechtem Zahnstatus haben. Vor 40 bis 50 Jahren war das Wissen um die Ernährung von Orang-Utans und anderen Affen noch unvollständig. Analog zu ihrer Ernährung in der Natur wurden viele Primaten vorrangig mit Obst gefüttert. Diese im natürlichen Habitat der Menschenaffen vorkommenden Früchte weisen jedoch einen viel geringeren Zuckergehalt auf als unser Zuchtobst, wie später erforscht wurde. Da wir unser Obst lieber süß mögen, enthalten gezüchtete Früchte viel mehr Zucker als wilde Früchte. Aus diesem Grund bekommen fruchtfressende Primaten im Zoo statt Obst inzwischen hauptsächlich Salat und Gemüse, was dem Zucker- und Fasergehalt der wilden Obstsorten deutlich näher kommt. Luzerne, Äste und anderes faserreiches Futter regen die Durchblutung des Zahnfleisches an und sorgen dadurch ebenfalls für gesunde Zähne.
Neben der Zahnbehandlung wurde bei "Jakowina" noch ein Nabelbruch chirurgisch versorgt. Auch dafür waren Spezialistinnen und Spezialisten aus der Humanmedizin zu Gast. Auf die Expertise von Prof. Dr. Claus Franke, Chefarzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, und Dr. Ines Milk, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe am Sana Krankenhaus Benrath konnten auch schon andere Zoos zurückgreifen.
"Jakowina" hat sich von dem Eingriff gut erholt. In den ersten Tagen erhielt sie noch Schmerzmittel, kaute etwas zaghaft und fraß insgesamt weniger. Gemüse wird ihr stets auch weich gekocht als Alternative angeboten. Mittlerweile nimmt sie wieder ganz normal Futter auf, hält ihr Körpergewicht und bewegt sich wie eh und je mit ihrer Artgenossin "Cheemo" durch die Anlage.