Tiertraining ist aus zoologischen Einrichtungen heutzutage nicht mehr weg zu denken. Es ist einer der vielen Aspekte von Tierbeschäftigung und erleichtert idealerweise auch das Tiermanagement im Zoo. Sogenanntes Medical Training hilft veterinärmedizinische Untersuchungen oder Behandlungen einfacher und stressfreier für Mensch und Tier zu gestalten. Durch gutes Training können so beispielsweise stressfrei Medikamente verabreicht, Blut genommen oder Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden. Kistentraining vor einem anstehenden Transport bewirkt, dass die Tiere sich an ihre Transportkiste gewöhnen und so ohne Beruhigungsmittel o. ä. am Transporttag in die Kiste gehen und sich dort dann auch wohl fühlen.
Die Meinungen darüber, was ein gutes Training beinhalten soll, sind vielfältig. Auch wird weiterhin viel geforscht und es kommen neue Erkenntnisse ans Licht. In der Fachwelt ist man sich aber einig, dass das Training niemals aus negativen Stimuli oder Bestrafungen bestehen darf. Auch im Grünen Zoo Wuppertal ist dies selbstverständlich Grundsatz Nummer eins.
Prinzipiell kann man so gut wie jedes Tier bis zu einem bestimmten Grad trainieren. Es gibt jedoch einige Tierarten, wo dies schneller und im größeren Rahmen möglich ist. Auch der Charakter jedes Individuums spielt natürlich eine Rolle. Bekannt für das Tiertraining sind nicht nur im Grünen Zoo Wuppertal die Kalifornischen Seelöwen. Auch bei uns werden sie mehrmals täglich trainiert. Um das Training stets zu verbessern und den Tieren viel Beschäftigung, eine möglichst naturnahe Haltung und wenig Stress zu gewährleisten, diskutieren und verändern wir momentan einiges an unserem Seelöwen-Training. Zunächst wurde entschieden, dass die Tiere mindestens fünfmal täglich mit kleinen Portionen gefüttert werden sollen. Die tägliche Gesamtmenge an Fisch pro Tier bleibt natürlich gleich, nur wird die Menge auf kleinere Portionen über den Tag verteilt. Dies spiegelt nicht nur das natürliche Fressverhalten der Tiere besser wider – immerhin fressen Seelöwen in der Natur auch nicht Frühstück, Mittag- und Abendessen – sondern bietet auch die Möglichkeit das Training auf kürzere Trainingseinheiten aufzuteilen. Die Konzentrationsspanne wird so nie vollständig ausgereizt und die Tiere werden häufiger beschäftigt.
Für die beste Beschäftigung sollten die Trainingseinheiten zeitlich und inhaltlich nicht vorhersehbar sein. Wenn die Einheiten stets zur selben Zeit stattfinden und evtl. sogar immer gleich ablaufen, müssen die Tiere ihren Kopf quasi nicht mehr benutzen und der Sinn der Beschäftigung ist verflogen. Ein gewisses Überraschungsmoment steigert die Motivation, das hat die Forschung gezeigt. Genau aus diesem Grund haben wir uns im Grünen Zoo Wuppertal entschieden, die bis jetzt zeitlich festgelegten Schaufütterungen nun flexibel zu planen. Täglich werden die spontan festgelegten Zeiten für die Schaufütterungen morgens an der Kasse ausgeschrieben. So kann das Tierpflegeteam die Fütterungen besser in den Tagesablauf einplanen und die Tiere können nicht vorhersehen, wann sie das nächste Mal trainiert und gefüttert werden. Sollten sie außerdem nach einer beendeten Trainingseinheit wissen, dass sie nun beispielsweise vier Stunden warten müssen bis sie wieder trainiert und gefüttert werden, könnte Frust aufkommen. Das gilt es zu vermeiden. Gleichzeitig sollen unsere Besucherinnen und Besucher das Seelöwentraining weiterhin erleben und in ihren Rundgang einplanen können.
Übrigens kann nicht nur Fisch als Belohnung bei den Kalifornischen Seelöwen dienen. Genau wie bei Hunden kann auch ein Lob oder ein Spielzeug als Belohnung verwendet werden. Natürlich können die Tiere beim Trainieren auch einmal Fehler machen oder unaufmerksam sein. Intuitiv würde manch einer vielleicht mit einem „Nein“ reagieren. Der richtige Umgang mit Fehlern ist aber essentiell für einen Trainingserfolg und dafür, dass sowohl Tier als auch Mensch mit einem guten Gefühl das Training beenden. Im Grünen Zoo wenden wir das Prinzip des sogenannten LRS („Least Reinforcing Stimulus“) an. Dieser Ansatz, welcher bereits 1985 von den Sea World Parks definiert wurde, beschreibt eine konstruktive Reaktion auf einen Trainingsfehler des Tieres. Direkt nach einem solchen Fehler sollte der/die Trainer/-in in seiner/ihrer Position für drei Sekunden verharren. Wenn das Tier während dieser drei Sekunden ruhig ist und sich wieder auf den/die Trainer/-in konzentriert, wird es hierfür belohnt. Somit zeigt man dem Tier, dass es in Ordnung ist, auch einmal Fehler zu machen. Es entsteht kein Frust und vor allem auch keine negative Assoziation von Seiten des Tieres. Jede andere Reaktion, also z.B. das Wort „Nein“, das Zurücktreten oder Beenden des Trainings, ist für ein Tier möglicherweise negativ und kann im schlimmsten Fall frustrierend wirken und den Spaß am Training nehmen.
Wir im Grünen Zoo hinterfragen immer wieder die Methoden und Aspekte unserer Arbeit, um dem fachlichen und gesellschaftlichen Erkenntnisgewinn unserer Zeit gerecht zu werden. Die aktuelle Entwicklung des Seelöwentrainings ist Ausdruck unseres Bestrebens, unseren Tieren ein naturnahes, stressfreies und abwechslungsreiches Zuhause zu bieten.