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Gleichstellung und Antidiskriminierung

Einweihung von Wuppertals erstem "Frauenort"

Am Sonntag, 9. Juni, um 17:00h wird der FrauenOrt für Dr. Cläre Tisch an der Außenwand der Begegnungsstätte Alte Synagoge eingeweiht.

Frauenorte NRW - Wuppertal macht mit

Am 9. Juni um 17:00h wird Wuppertals erster Frauenort eingeweiht: An der Außenwand der Begegnungsstätte Alte Synagoge wird es eine Gedenktafel für Dr. Cläre Tisch geben. Initiiert wurde die Aktion von den Wupperfrauen. (Öffnet in einem neuen Tab)Sie haben sich 2023 zusammen mit der Begegnungsstätte Alte Synagoge und der Stabsstelle für Gleichstellung und Antidiskriminierung beim Projekt FrauenOrte.NRW erfolgreich um einen FrauenOrt für Dr. Cläre Tisch beworben.

Biografie von Dr. Cläre Tisch (14.01.1907 – 15.11.1941)

Cläre Tisch wurde am 14. Januar 1907 in Elberfeld (heute Wuppertal, Grünstr. 27) geboren. Sie war eine deutsch-jüdische Wirtschaftswissenschaftlerin, die am 31.07.1931 von Prof. Dr. Joseph Alois Schumpeter promoviert wurde. Am 10.11.1941 wurde sie, gemeinsam mit ihren Schwestern, ihrem Schwager und ihrer Nichte nach Minsk, Weißrussland, deportiert und ermordet. Als Todesdatum wird der 15.11.1941 vermutet.
Für sie und ihre Familienangehörigen – als Opfer des Holocaust / der Shoah – sind seit 2008 in Wuppertal, Neumarktstr. 46 – der letzte reguläre Wohnort -, Stolpersteine verlegt.

Cläre Tisch ist als mittlere von drei Töchtern (*1904, *1907, *1914; = die jüngste Schwester Gerda war gehörlos) des Ehepaares Leo und Adele Tisch in Elberfeld geboren. Der Vater war Kaufmann in Elberfeld und als „Eier-Tisch“ bekannt. Er hatte eine angesehene Position in der jüdischen Gemeinde, in die die Familie integriert war. Über die Mutter ist wenig bekannt. Cläre Tisch scheint eine materiell abgesicherte Kindheit und Jugend gehabt zu haben. Sie besuchte ein Lyzeum in Elberfeld (1913-1920) und anschließend die realgymnasiale Studienanstalt in Unterbarmen (1920-1926) mit dem Abschluss des Abiturs 1926. Von 1926 bis 1929 studierte sie in Bonn-Genf-Berlin-Bonn und legte 1929 ihr Diplom in Volkswirtschaftslehre ab.
1931 promovierte sie in Bonn bei dem renommierten Ökonom Joseph Alois Schumpeter mit einer Arbeit über „Wirtschaftsrechnung und Verteilung im zentralistisch organisierten sozialistischen Gemeinwesen“. Ihre Dissertation gilt als „bemerkenswerte Leistung“ bei anerkannten Ökonom*innen und machte sie zu einer Vorläuferin der sogenannten „neoklassischen Sozialisten“. Sie war in dieser Zeit eine der wenigen weiblichen Wirtschaftswissenschaftlerinnen: auch deshalb kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Cläre Tisch war eine Lieblingsschülerin von Prof. Schumpeter, der sie förderte und bei ihr eine vielversprechende wissenschaftliche Zukunft erwartete. Eine wissenschaftliche Laufbahn blieb ihr jedoch aufgrund der Diskriminierung und Entrechtung jüdischer Student*innen und Akademiker*innen ab 1933 versagt.

Bis 1933 arbeitete sie wissenschaftlich an der Universität Bonn, leitete wirtschaftswissenschaftliche Repetitorien und publizierte zwei weitere Bücher. Parallel arbeitete sie als Sekretärin des Volkswirtschaftlers Arthur Spiethoff. Ab 1933/1934 durfte sie als Jüdin nicht mehr an der Universität arbeiten. Im Mai 1934 meldete sie ihren Wohnsitz wieder in Wuppertal-Elberfeld an und wohnte mit ihren Schwestern, ihrem Schwager und ihrer Nichte im Elternhaus in der „Hermann-Göring-Str. 46“, der heutigen Neumarktstraße und vormaligen Walther-Rathenau-Straße. Sie arbeitete in Köln als Stenotypistin und danach als Kontoristin in einem Solinger Schuhgeschäft. Von 1936 bis 1941 war sie bei der Zentralstelle für jüdisches Pflegestellenwesen und Adoptionsvermittlung des Jüdischen Frauenbundes (JFB), Wuppertal-Elberfeld, beschäftigt.

Hintergrund

Das Projekt FrauenOrte NRW des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW möchte die Leistungen von Frauen sichtbar machen, die maßgeblich zur Geschichte der Kommunen in NRW beigetragen haben. Diese Frauen können uns heute noch als Inspiration und Vorbild dienen. Allerdings finden sich ihre Namen zu selten in der Öffentlichkeit. 

Wuppertal hat eine Vielzahl an Frauen, die sich in Politik und Gesellschaft eingebracht haben und ihren Beitrag zur Stadtgeschichte geleistet haben. Diese Frauen sichtbar zu machen ist ein Anliegen verschiedener Vereine und Träger in Wuppertal sowie der Stabsstelle Gleichstellung und Antidiskriminierung.

In der jüngeren Vergangenheit wurde mit einer Ausstellung und einer Stele vor der Bergischen VHS Helene Stöcker geehrt, die Einweihung des Helene-Weber-Platzes konnte mit Landesmitteln realisiert werden, die Würdigung der ersten weiblichen Stadtverordneten erfolgte im Kontext der Veranstaltungen zu „100 Frauenwahlrecht“. Der Verein Wupperfrauen e.V. erarbeitet seit letztem Jahr Biographien bedeutender Frauen aus der Geschichte und Gegenwart und veröffentlicht diese auf der eigenen Homepage.

Im Rahmen der Initiative FrauenOrte NRW werden diese Bestrebungen zusammengeführt. Dabei arbeitet die Stabsstelle eng mit den zahlreichen Initiativen, Verbänden und Vereinen zusammen, deren Anliegen es ist, Frauen für die Stadtgesellschaft sichtbar zu machen.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Stadt Wuppertal
  • Frauenorte.NRW

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