Mathilde Wesendonck 23.12.1828-31.08.1902
Unter den bedeutenden Persönlichkeiten in der Wuppertaler Geschichte wird auch Mathilde Wesendonck genannt.
Die lange unerkannt gebliebene Schriftstellerin wurde als Agnes Luckemeyer am Kipdorf in eine Elberfelder großbürgerliche Familie geboren.
Allein ihre Kindheit hat sie in Wuppertal verbracht.
Das Geburtshaus mit einer Gedenktafel von 1930 wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Wesendonkstraße erinnert seit 1935 an sie.
1840 verlegte die Textil-Großkaufmannsfamilie Luckemeyer ihren Wohnsitz in die prächtige Residenzstadt Düsseldorf.
Die „höhere“ Tochter wechselte von der Liethschen Privatschule in das Dünkirchener Mädchenpensionat.
Wie im damaligen Bürgertum üblich, schloss sie eine „konventionelle Ehe“ d.h. aus ökonomischen Gründen.
Sie heiratete 1848 Otto Wesendonck, einen Geschäftsfreund des Vaters.
Auf Wunsch des Seidengroßhändlers nahm die dreizehn Jahre jüngere Ehefrau den Namen seiner im Jahr zuvor verstorbenen ersten Gattin Mathilde an. I
Im selben Jahr erwarb er, der Geschäftsverbindungen bis nach Amerika pflegte, ein weitläufiges Parkgelände in Zürich.
1857 wurde dort die Gründerzeit-Villa „Wahnheim“ fertig gestellt.
An diesem auserwählten Ort kam es zu einer kurzen, aber heftigen Liebesbeziehung zwischen der Fabrikantengattin und dem infolge der 1848er Revolution aus Dresden geflohenen Komponisten Richard Wagner.
Otto Wesendonck hatte dem Emigranten und dessen Ehefrau in einem kleinen Fachwerkhaus auf dem soeben erworbenen Parkgelände Asyl gewährt.
Sowohl Richard Wagner als auch Mathilde Wesendonck gewannen aus den intensiven Begegnungen ihre künstlerische Inspiration.
Die Komposition „Rheingold“ wurde vollendet und die Oper „Tristan und Isolde“ entstand. Fünf Gedichte, mit denen das literarische Schaffen der Fabrikantengattin begann, tragen die beziehungsreichen Titel:
Der Engel, Träume, Schmerzen, Im Treibhause und Stehe still.
Von Richard Wagner vertont, gingen sie als „Wesendoncklieder“ um die Welt.
Bekannt wurde Mathilde als die vom Komponisten „angebetete“ Person", nicht aber als Verfasserin der Lieder.
Ihre in den nächsten Jahren entstandenen, teils von der inneren Nähe zu Richard Wagner inspirierten Kunstmärchen, Märchenspiele und Gedichte, erschienen ebenfalls ohne ihren Namen. Das Sichtbarwerden bürgerlicher Frauen außerhalb der Familie „schickte“ sich nicht.
Erst die Namen der drei Kinder denen sie gewidmet waren, führten den Literaturwissenschaftler Heinz Rölleke zu deren Verfasserin. Er, der Leiter eines Projekts zur Märchenforschung an der Bergischen Universität, erkannte im schmal gebliebenen Werk der Schriftstellerin Mathilde Wesendonck einen „bis heute nicht gewürdigten Beitrag für die Fortentwicklung der Grimmschen Märchen im späteren 19. Jahrhundert.
Gegen Ende ihres Lebens wandte sie sich noch einmal der kurzen, aber ihr ganzes weiteres Leben prägenden Beziehung zu dem inzwischen verstorbenen Komponisten und Initiator der Bayreuther Festspiele zu.
Nach dem Tod ihres Mannes 1896 ordnete sie den Briefwechsel Mathilde und Otto Wesendonck mit Richard Wagner und gab ihn zur Veröffentlichung frei.
Elke Brychta und Anna-Maria Reinhold
Geschichte Gestalten - Projekt zur Frauen- und Geschlechtergeschichte Telefon: 0202 / 44 01 48