Frieda Schindelin 02.04.1895 – 13.03.1998
Das Interesse einer jüngeren Frauengeneration an der ersten und ältesten Pfarrerin im Rheinland erwachte erst kurz vor ihrem Tod 1998.
Frieda Schindelin wuchs als das vierte von elf Kindern des Geschäftsführers des Rheinischen Missionshauses in der Rudolfstraße auf. Die Mutter war eine engagierte Bibelleserin. Beide Eltern waren offen für die Berufsziele der wissbegierigen Tochter mit dem Wunsch, Theologie zu studieren.
Die junge Lehrerin erteilte an den Nachmittagen Nachhilfestunden zur Finanzierung ihres künftigen Studiums. Abends paukte sie Griechisch und Latein. Nach den Sprachprüfungen 1921 am Solinger Gymnasium studierte sie in Bethel, Tübingen, Leipzig, Münster und Halle. Dort legte sie 1927 als erste Frau das Erste Theologische Examen ab. Befragt nach ihrer zukünftigen Amtsbezeichnung, die ihr erst einmal „wurscht-egal“ war, führte sie folgenschwer den Begriff „Vikarin“ an.
Ihre Lehrbefähigung für höhere Schulen führte sie nach Düsseldorf. An drei Schulen unterrichtete sie in über 40 Klassen! 1929 dann das Angebot der Norddeutschen Mission als Leiterin einer großen Mädchenschule in Westafrika. Dafür schlug sie auf Anraten eines Missionsleiters die neue Möglichkeit in der Rheinischen Kirche aus, endlich auch als Frau das Zweite Theologische Examen ablegen zu können.
Schwer erkrankt und nicht mehr „tropentauglich“ musste sie 1934 ihre sichere Missionstätigkeit aufgeben. 18 Monate verbrachte sie im Tropengenesungsheim in Tübingen. Die Vierzigjährige nutzte die neue Herausforderung: „Und dann habe ich im Tropengenesungsheim meine zweite Examensarbeit geschrieben. Halb im Bett, halb außerhalb des Bettes…“
1935 legte sie als eine der letzten legal das Zweite Theologische Examen bei der Bekennenden Kirche ab. Ihre anfängliche Begeisterung für das neue Regime hatte inzwischen kritischen Überlegungen Platz gemacht. Zwei Jahre arbeitete sie als Vikarin für Frauen in der Kirchengemeinde Barmen-Gemarke.
1937 setzte sich für die theologische Mitarbeiterin die Frauenarbeit in den Bibelkreisen fort. Durch ihre Pionierarbeit im Reisedienst der evangelischen Frauenhilfe im Rheinland erhielt diese ein moderneres Gesicht. Die von ihr praktizierte Methode bestand darin, Bibeltexte im Gespräch aufzuschließen und nicht mehr zu dozieren. Während des Zweiten Weltkrieges „durfte“ die Theologin in Thüringen vorübergehend drei kleine Gemeinden der Bekennenden Kirche leiten. Danach blieb ihr ein solches Amt in der evangelischen Kirche erneut verwehrt.
Ein Jahr nach der 1963 von der Rheinischen Landeskirche eingeführten Anrede „Pastorin“ erwirkte Frieda Schindelin diesen Titel auch für sich. Nach ihrer Pensionierung im Jahr darauf blieb sie aktiv. Die Pionierin der Wuppertaler Telefonseelsorge gab ihren letzten Bibelkreis erst mit 99 Jahren auf.
In dieser Zeit entdeckte sie die „christliche Meditation“ im Haus der Stille in Rengsdorf. Obwohl sie durch eine hochherzige Stiftung den Bau eines Gästehauses ermöglichte, lehnte die rheinische Kirchenleitung die Benennung der Einrichtung mit ihrem Namen ab.
Am 16. September 2005 wurde das Gebäude des Kirchenkreises Wuppertal in der Zeughausstraße 31 nach der verdienstvollen Theologin benannt.
Elke Brychta und Anna-Maria Reinhold
Literatur- und Bildhinweis:
Karin Vorländer: Frieda Schindelin, Pastorin. Auf den Spuren einer leisen Pionierin der Kirche, Neukirchen-Vluyn 2004
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