Else Lasker-Schüler 11.2.1869 – 22.1.1945
Zur Einweihung des Wuppertaler Schauspielhauses am 24. September 1966 stand Lessings „Nathan der Weise“ auf dem Programm. „Die Wupper“ von Else Lasker-Schüler, ursprünglich dafür vorgesehen, war auf den Tag danach verlegt.
Die sozialkritische Studie über ihre Heimatstadt Elberfeld hatte die Dichterin 1909 in Berlin nach eigenen Worten „in einer Nacht“ verfasst.
Wenige Monate nach der Hochzeit im Januar 1894 waren sie, die jüngste Tochter einer jüdischen Klein-Bankiersfamilie, und ihr Ehemann, der jüdische Arzt Berthold Lasker, dorthin verzogen. In der Hauptstadt des deutschen Kaiserreiches mit der um 1900 aufkommenden künstlerischen Avantgarde bildete die Dichterin aus dem Wuppertal eine imposante Erscheinung. Ihren Arztgatten hatte sie inzwischen verlassen.
Aufgewachsen ohne Zugang zu Abitur und Studium wie andere Frauen ihrer Generation, nutzte die Autodidaktin ihr dichterisches und zeichnerisches Talent zum Bestreiten des Lebensunterhalts für sich und den 1899 geborenen Sohn Paul.
Im Kunstbetrieb, organisiert von ihrem zweiten Ehemann Herward Walden, trat sie mit Gedichten hervor, in denen erstmals weibliche Gefühle in Liebesbeziehungen zum Ausdruck kamen. Am 22. Oktober 1912 konnte das Publikum in der Elberfelder Stadthalle einen der performanceartigen Auftritte der Dichterin erleben.
Nicht allein wegen ihrer unmittelbar bevorstehenden zweiten Scheidung gesundheitlich geschwächt, war sie auch in ihrer Heimatstadt vehementer Kritik ausgesetzt. Wegen der geringen Honorare lebte sie in ständiger Not. Mit dem Pamphlet „Ich räume auf“ wandte sich Else Lasker-Schüler 1925 gegen die als ungerecht empfundene Vergütung durch ihre Verleger. 1932 entstand das ihrer jüdischen Herkunft gewidmete Schauspiel „Arthur Aronymus und seine Väter“. Im selben Jahr schloss die durch den halben Kleistpreis Geehrte auch die literarischen Erinnerungen an die im Wuppertal verlebte Kindheit ab.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 sah sich „die größte Dichterin die Deutschland je hatte“ – so ihr Verehrer Gottfried Benn - gezwungen, Deutschland zu verlassen. Nach Misshandlung durch SA-Männer in der seit 1998 nach ihr benannten Else Lasker-Schüler Straße am Nollendorfplatz in Berlin, emigrierte sie über die Schweiz nach Palästina. Im Januar 1945 starb sie in Jerusalem, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
Seit den 1950er Jahren befinden sich die zehnbändige Gesamtausgabe von 1919/20 und andere „Kostbarkeiten“ zum Leben und Werk von Else Lasker-Schüler im Wuppertaler Autorenarchiv der Zentralbibliothek.
Elke Brychta und Anna-Maria Reinhold
Literaturhinweis: „Niemand hat mich wiedererkannt…“. Else Lasker-Schüler in Wuppertal. Ausgewählt und kommentiert von Ulrike Schrader, hrsg. vom Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal e.V., Eigenverlag Wuppertal 2003. (nur erhältlich in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Genügsamkeitstraße)
Bildnachweis: Stadtbibliothek Wuppertal
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