Lyrische Verfahren und Texte markierten die
Weite gegenwärtigen Lyrikschaffens. Wie das anschließende Gespräch zeigte, hatten sie ihre „Adressaten“, circa 80 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Langerfeld und der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule erreicht und für sich eingenommen.
Adrian Kasnitz las noch druckfrische Texte seines „Kalendariums # 2“. Sie gehören
zu einem großen Gesamtprojekt von zwölf Veröffentlichungen. Monatsweise sind die
Tagesgedichte zusammengebunden. Der Februar mit 29, d.h. einem Schaltjahr
entsprechenden Tagen, bot durchaus nicht nur jahreszeitliche Bezüge wie Schnee,
gefrorenes Gras und Karneval. Im Kern offenbarte sich ein fast schwebendes Tasten
nach Gedanken, Wörtern, Silben, Vokalen, eine ständige Veränderung und
Auflösung, ein Changieren zwischen Innen- und Außenwelt.
Deutlich handfester dagegen waren die Themen der jungen, gebürtig aus China
stammenden Jing Wu. Ihre Gedichte suchten nach Standpunkten, nach Wahrheiten,
nach Grenzen, aber auch nach ihrer Überschreitung. Sie begann mit einem Poetry-
Slam-Text, in dem sie ihre Lebensgeschichte und ihren Weg zum Schreiben gekonnt
thematisierte. Die Erfahrung, aus einem anderen kulturellen Kontext nach
Deutschland zu kommen und sich schreibend seinen Weg zu suchen, sprach das
junge Auditorium an. Eine ganze Reihe der Anwesenden dürfte ähnliche Erfahrungen
gemacht haben. Selbst die Leiterin der Stadtbibliothek, Frau Scharmann, überzeugte
Jing Wu mit ihrem Text, da er auch die besondere Bedeutung von Bibliotheken
thematisierte.
Jürgen Nendza, Lyriker aus Aachen, stellte die beiden Autoren vor, zog sie und das
Publikum in ein anregendes Gespräch. So war es am Ende der Veranstaltung durchaus nicht mehr still. Die „sendenden“
Lyriker hatten die Gäste zu empfänglichen Hörern gemacht, vielleicht auch zu
Lesern, die nun häufiger zu einem Gedicht greifen oder gar selbst eines verfassen.