Beschreibung
Das Objekt Normannenstraße 71 ist die 1888 bis 1890 errichtete katholische Kirche St. Johann Baptist.
Es handelt sich bei dem Gebäude um eine dreischiffige, in Ost-West-Richtung orientierte, basilikale Anlage zwischen Krühbüsch und Normannenstraße. In seiner Gestaltung lehnt sich der Bau an romanische und gotische Formen an.
Er gliedert sich in ein fünfjochiges Langhaus, dessen westliches Joch von zwei Türmen begleitet wird, die das Portal flankieren. Im Osten schließt der Bau mit dem weniger hohen Altarraum, der im Grundriss um die Breite der Seitenschiffe verjüngt ist und an seinen Kanten von zwei weiteren zierlichen Türmen begleitet wird. Das an den Altarraum anschließende Joch des Langhauses ist breiter als die restlichen, hier ist risalitartig ein Querschiff angedeutet, das sich im Dachbereich mit Zwerchgiebeln fortsetzt.
Die Gebäudeaußenwände sind in behauenem Ruhrsandstein verblendet, das hohe, teilweise abgewalmte Satteldach ist mit Schiefer eingedeckt. Die Helme der Türme besitzen Kupferdeckung.
Die Außenwände der Langseiten weisen in jedem Joch ein hohes, spitzbogiges Maßwerkfenster auf, sie werden zusätzlich durch Strebepfeiler gegliedert. Die Giebel des Querschiffes besitzen runde Maßwerkfenster.
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Die Kirche St. Johann Baptist ist nach der 1708 errichteten St. Antonius-Kirche das zweite katholische Gotteshaus in Barmen.
Mit der durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert bedingten Bevölkerungszunahme stieg auch der prozentuale Anteil der Katholiken an der Barmer Gesamtbevölkerung.
Innerhalb der Gemeinde Barmen bildete sich Wichlinghausen um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts als Unterzentrum heraus, indem hier eine katholische Schule sowie mehrere Vereine entstanden. Aus diesen Kreisen bildete sich zunächst eine Interessengemeinschaft für Kirchbauangelegenheiten, aus der wiederum 1883 der "Verein zur Erbauung einer katholischen Kirche in Ober-Barmen" hervorging. Die St. Antonius-Kirche hatte in dieser Zeit die Grenzen ihrer Kapazität erreicht.
Der Verein setzte es sich zum Ziel, durch Beiträge und Spenden die nötigen Geldmittel für einen Kirchenneubau zu beschaffen.
1887 war die für den Kauf des Baugeländes erforderliche Summe aufgebracht, wobei ein großer Beitrag vom ehemaligen Pfarrer Johannes Baudri gestiftet wurde, nach dessen Namenspatron die Kirche benannt werden sollte. Zur weiteren Finanzierung wurde ein Darlehen aufgenommen.
Für die im Folgenden begonnene Planung der Kirche erstellten der Barmer Architekt G. A. Fischer sowie der Kölner Diözesanbaumeister Schmitz den Entwurf, der zunächst einen noch stärker gotisierenden Bau mit nur einem Turm, stärker ausgeprägtem Querschnitt mit kleinem Vierungsturm und einer vieleckigen Apsis vorsah. Dieser Entwurf wurde nicht verwirklicht, jedoch wurde die Fensteraufteilung im Langhaus weitgehend übernommen.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 10.10. 1888; die Bauleitung oblag Karl Goost. Nach gut zweijähriger Bauzeit konnte am 20.11.1890 die Kirchweihe stattfinden. Die Innenausstattung war zunächst sehr spärlich, sie wurde in den folgenden Jahrzehnten bis zum heutigen Zeitpunkt mehrfach ergänzt, erweitert und umgestaltet. Zunächst wurde allerdings 1893 der Einzugsbereich der Kirche zur eigenständigen Pfarrei erklärt, das Pfarrgebiet wurde nun im Westen durch die Bartholomäus- und Stollenstraße und im Norden und Osten durch die Grenzen zu Nächstebreck und Langerfeld bezeichnet und erstreckte sich im Süden bis nach Heckinghausen.
1895 wurden der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre, zu denen bei Fertigstellung des Kirchbaus lediglich Entwürfe vorlagen, geweiht; zwei Jahre später wurden die Orgel und vier Glocken installiert, von denen allerdings drei im ersten Weltkrieg konfisziert wurden. Zehn Jahre später, 1927, wurden sie durch neue ersetzt. Eine erste große Veränderung in der Innengestaltung fand 1941 auf Initiative des damaligen Pfarrers Weidmann statt, der aus der Jugendbewegung stammte und auf Grund seiner Gesinnung die historisierende Ausstattung als unangemessen ablehnte. Er beauftragte den Düsseldorfer Kunstprofessor Dr. Huppertz mit der Neugestaltung des Chorraums. Dabei wurde auch die heute auf dem Kirchplatz an der südlichen Chorwand stehende Kreuzigungsgruppe angefertigt. Der Düsseldorfer Bildhauer Ernst Gottschalk starb über der Arbeit; die beiden Seitenfiguren wurden von Eduard Kaufmann, ebenfalls aus Düsseldorf, erschaffen.
Im zweiten Weltkrieg hatte die Kirche verschiedene Schäden zu beklagen: Im April 1942 wurden alle Glocken bis auf die kleinste konfisziert. Beim Luftangriff vom 13. März 1945 brannte das Dach einschließlich der Turmhelme aus, ebenso wurde das Fenstermaßwerk zerstört. Im Inneren wurden die Orgel, die Altarstufen und der Altartisch beschädigt.
Bereits 1947 wurde jedoch ein Kirchbauverein gegründet, den Auftrag zum Wiederaufbau nach historischen Plänen erhielt der Architekt Brandt. Der Wiederaufbau war Ende 1950 abgeschossen.
Ein weiterer Umbau der Kirche erfolgte in mehreren Schritten in der Zeit von 1962 bis 1968 nach den damals herrschenden Architekturvorstellungen.
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Der bisher jüngste Umbau erfolgte in den Jahren 1990/91, wobei Teile der zwischenzeitlich veränderten Innengestaltung wieder in Anklang an den historischen Zustand rekonstruiert wurden. So wurden die Fenster der Altarrückwand wieder geöffnet; sie wurden vom Sohn Elmar Hillebrands gestaltet. Auch die Nischen der seitlichen Altarwände sowie der Seitenschiffe wurden in vereinfachter Form wiederhergestellt.
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Der die Kirche umgebende Außenraum wurde in gestalterischer Einheit mit der Kirche umfriedet. Entlang der Normannenstraße zieht sich eine Naturstein-Stützmauer; die von der Normannenstraße zum Krühbusch führende Treppe wird ebenfalls von einer Natursteinmauer begleitet, die von einem verzierten Eisengittertor durchbrochen wird. Zum Krühbusch hin ist das Gelände von einer Ziegelmauer eingefasst.
Die Kirche veranschaulicht zum einen die Architekturauffassung des späten neunzehnten Jahrhunderts, die durch Rückgriffe und Stilelemente vergangener Epochen gekennzeichnet ist. Für Sakralbauten bediente man sich dabei vor allem - wie in diesem Falle - der romanischen und gotischen Formensprache.
Zum anderen bietet das Gebäude mit seiner wechselvollen Geschichte ein lebhaftes Bild von der Entwicklung des religiösen Lebens in der ehemals selbstständigen Stadt Barmen, es dokumentiert darüber hinaus auch den Aufstieg zur Industriegroßstadt und die Sozialstrukturen der in dieser Zeit rapide anwachsenden Bevölkerung.
Schließlich bildet es, auch auf Grund seiner städtebaulichen Wirkung, einen unverzichtbaren Bestandteil der historischen Bebauung Wichlinghausens, dessen Geschichte es überdies dokumentiert.
Erhaltung und Nutzung liegen daher gemäß § 2 (1) DSchG aus städtebaulichen, wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und sozialgeschichtlichen sowie stadthistorischen Gründen im öffentlichen Interesse.
Die Unterschutzstellung erstreckt sich auf das gesamte Gebäude einschließlich der Einfriedung.
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