Wuppertal / Denkmalliste

Denkmalliste

Details

Villa Herberts
Adresse Hirschstr. 12
Stadtbezirk Barmen
Denkmalnummer 2135
Eintragungsdatum 31.03.1992
Schutzumfang gesamtes Gebäude
Klassifizierung Denkmal
Beschreibung
Das Gebäude Hirschstraße 12 ist die zweigeschossige, 1947-1949 in organischer Bauweise errichtete Villa des Fabrikanten Kurt Herberts. Das repräsentative Wohnhaus, das sogenannte Haus „Waldfrieden“, befindet sich in landschaftlich reizvoller Lage inmitten eines weitläufigen, parkartigen Grundstückareals mit altem buchenbestand und erhebt sich oberhalb einer in Serpentinen ansteigenden Zufahrtsstraße in Hanglage am Hesselnberg. Das heutige Haus Waldfrieden wurde auf den Grundmauern eines im 2.Weltkrieg zerstörten Hauses errichtet. Das Vorgängerbauwerk war 1894 erbaut worden und soll mündlichen Quellen zufolge ursprünglich ein Ausflugslokal gewesen sein. Das Haus wurde durch einen Zufahrtsweg auf seiner Südostseite erschlossen. Unmittelbar gegenüber dem Haus wurde auf der anderen Seite des Weges 1897 eine offene Halle errichtet, die aber – wie aus einem Vorriß der Katasterverwaltung des Kreises Barmen hervorgeht – schon um 1909 wieder abgerissen wurde. Südlich unterhalb dieses Hauses ließ der Fabrikant Eduard Mayer ein Wohnhaus für Personal errichten, das im Erdgeschoss auch eine Stallung enthielt. Das Haus war im Mai 1914 bezugsfertig und ist bis heute erhalten geblieben. Kurt Herberts erwarb das Anwesen 1940 und ließ sich das obere Haus als Wohnhaus herrichten. Bei den Luftangriffen des Jahres 1943 auf Barmen wurde das Haus zerstört. Der Architekt und Künstler Franz Krause plante das heutige Haus Waldfrieden nach seinem Raumideal in einem Entwurfsprozess, der sich in intensiven Gesprächen mit dem Bauherrn entwickelte. Beschreibung des Hauses Waldfrieden: Das Haus Waldfrieden ist ein rauh verputztes Bauwerk, das sich über einem ursprünglich annähernd rechteckigen Grundriss erhebt, der Grundriss gliedert sich jedoch durch einen erdgeschossigen Eingangsvorbau und zwei jüngere, ebenfalls erdgeschossige, flügelartige Anbauten auf der Gartenseite. Aus den Gebäudeecken schwingen Flankermauern, die mit Sandsteinplatten belegt sind, laufen als Umfassungsmauern für Blumenbeete, für Terassen und als Stützmauern aus, so dass sich das Gebäude harmonisch, wie organisch gewachsen in die umgebende Landschaft einfügt. Das Haus ist mit einem schiefergedeckten, flach geneigten Walmdach überdeckt, das jedoch hinter dem in fließenden Schwüngen umlaufenden, dünnen Vordach kaum sichtbar zurücktritt. Das Haus wird erschlossen auf seiner nordöstlichen Längsseite. Über eine geschwungene, zweiläufige Freitreppe, die sich an die gewölbte Hauswand anschmiegt, gelangt man zu den Eingangstüren des Souterrains und des Erdgeschosses. Seitlich zum Vorhof wird die Treppe von einem Brüstungsmauerwerk aus Sandsteinen begleitet. Die beiden Eingangstüren öffnen sich in einem geschwungenen Eingangsvorbau, der mit einem weit auskragenden, fließend geschwungenen Flachdach überdeckt ist. Die Mauer des Eingangsvorbaus schwingt vor und verschmilzt seitlich mit der Brüstungsmauer der Treppe; zugleich setzt sich das Mauerwerk als Außenwand der Garage fort, die zurückhaltend in den Hang eingelassen ist, um schließlich als Stützmauer des seitlichen Hanges im Gelände zu verlaufen. Beide Eingangstüren sind Stahltüren mit gerundeten oberen Ecken und jeweils mit einem schmalen, waagerechten Fenster. Beide Türen werden seitlich jeweils von einem vergitterten Belichtungsfenster begleitet. Der Eingangsvorbau, die erkerartig vorgewölbten Fenster (im Erdgeschoss rechts und im Obergeschoss links) und die seitlichen Flankenmauern verleihen dem Gebäude schon auf der Eingangsseite eine eigene Plastizität. Die Fenster sind in ganz unterschiedlichen Größen in die Wand eingeschnitten. Sie dienen nicht vorrangig der Fassadengliederung, sondern sie ordnen sich den inneren Bedürfnissen des jeweiligen Raumes unter, den sie zu belichten haben. Das Souterrain bleibt noch der rechteckigen Grundrissstruktur des Vorgängerbauwerkes verhaftet. Im Souterrain befinden sich drei Büroräume des Hausherrn, eine Waschküche und ein Mangelraum, ein Heizungsraum sowie weitere Kellerräume. Die Büroräume sind mit bruchlosen weichen Übergängen der Wände und Decke gestaltet und mit eigens angefertigtem Mobiliar ausgestattet. Die beiden Wohngeschosse hat Franz Krause in organischen Strukturen und Formen entworfen; beim Entwurfsprozess hat er konstruktive Erfordernisse als sekundär zurückgestellt, um sie erst nachträglich in die Planung einzubeziehen. Er benutzte für seine Arbeitsweise den Begriff „reziproke Architektur“. Vorrangig ging er bei der Planung von fließenden, harmonischen Bewegungsabläufen aus, nach denen er die Lage und Zuordnung der Räume mit ihren Türöffnungen entwickelte. Dabei legte er besonders die Bewegungsabläufe vom Erdgeschosseingang zu den verschiedenen Wohnräumen, von der Küche zu den Wohnräumen und auch von der Innentreppe zu den Räumen des Obergeschosses zugrunde. Man gelangt über einen Windfang mit seitlichem Toilettenraum und seiner siebenstufigen Treppe in einen Vorraum. An den Vorraum gliedern sich linksseitig die Garderobe und eine zweite Toilette an. Rechts folgt zur Vorderseite das Arbeitszimmer; geradeaus schließt nach hinten eine große Halle mit einem offenen Kamin an, die seitlich von zwei Wohnräumen flankiert wird. Diese Räume werden von Südosten bzw. Südwesten belichtet und öffnen sich mit großflächigen Fenstern zum Garten. Im linken Bereich des Erdgeschosses befinden sich die Küche und die Mädchenzimmer, die sich nach Nordwesten bzw. Nordosten orientieren. Das Obergeschoss enthält die Schlafzimmer des Hausherrn, des Sohnes sowie für Personal und Gäste. Allen diesen Zimmern sind eigene Badezimmer zugeordnet. Die Zimmer des Hausherrn, des Sohnes wie auch ein weiteres Schlafzimmer liegen auf den sonnengünstigen Südost- und Südwestseiten. Diese Räume sind auch mit einem Balkon bzw. mit großzügiger Dachterrasse versehen. Mitte der 60er Jahre erhielt das Gebäude einen gartenseitigen Anbau als Esszimmer nach Osten, der auch von Krause ausgeführt wurde. Der ursprüngliche schmale Balkon vor dem Zimmer des Sohnes im Obergeschoss der Südostfassade wurde als Dachterrasse über dem neuen Esszimmer ausgebaut. Die Brüstung wurde wannenartig konvex nach außen vorgekragt. Auf der gegenüberliegenden Seite nach Süden erhielt das Haus um 1980 einen von Prof. Wolfgang Radhke geplanten Gartenraum, der –nur von außen zugänglich – von der rückwärtigen Halle aber überdacht erreichbar ist. Dieser Pavillon passt sich auch der Formensprache des ersten Anbaus an. Seine Wände sind zu den freien Gartenflächen jedoch ganzflächig verglast. Wenngleich sich diese Anbauten harmonisch in das gesamte Bauwerk eingliedern, lassen sie doch den Charakter der in sich stark plastischen Südostwand mit seinen in das Gelände fließenden Flankenmauern zurücktreten. Vielmehr öffnet sich das Gebäude jetzt mit einer anthroposophisch zu deutenden Gebärde der geöffneten Arme zum Garten. Ähnlich „empfängt“ das Bauwerk die Natur auch auf der Südwestseite, wo sich vor beiden Geschossen zwei großzügige Terrassen befinden. Diese nach Süden gerichteten Seiten des Bauwerkes sind mit einem rötlichen, warmen Farbton gestrichen, während die nördlichen, sonnenarmen Fassaden des Hauses in einem grauen Farbton gehalten sind. Das Haus wirkt dadurch nach Norden recht kühl und verschlossen, was auch durch die kleinen, vergitterten Fenster nach Nordosten noch unterstrichen wird. Die Räume der beiden Wohngeschosse sind mit weichen Übergängen zwischen den Wänden gerundet ausgeformt. Fensteröffnungen ordnen sich ganz den optimalen Sicht- und Belichtungsmöglichkeiten unter. Der Übergang zwischen Wänden und Decke ist mit weichen gerundeten Formen gestaltet, dabei dienen zweifach übereinanderliegende Wülste der Belüftung und der indirekten Belichtung. Die künstliche Belichtung ist so angeordnet, dass sie entsprechend der natürlichen Belichtung die Räume erhellt. Die Fenster sind zudem fast ohne Laibungen in die Wände eingefügt. Die Türen und Fenster sind oberseitig mit gerundeten Ecken in die Wände eingeschnitten. Der Windfang, die siebenstufige Zwischentreppe und die beiden Eingangshallen sind mit einem Fußboden aus einem grauen devonischen Marmor ausgestattet, der weiße Flecken und Adern besitzt. Die rückwärtig anschließenden Wohnzimmer, das vordere Arbeitszimmer wie auch die überwiegenden Räume des Obergeschosses sind mit Parkettböden ausgelegt. Zum Obergeschoss führt eine Treppe mit Holzstufen. Die seitlichen Brüstungen an der Treppe sind mit geschwungenen Marmorabdeckungen versehen; der zweigeteilte Handlauf besteht im unteren Teil aus Messing, im oberen Teil aus Holz. Der geschwungen in die Wand integrierte Kamin der gartenseitigen Halle ist mit grauem Marmor bedeckt. Die Fensterbänke bestehen überwiegend aus einem rötlichen fränkischen Marmor; die Heizungsnischen sind von Holzrahmen mit einem Rohrgeflecht verkleidet. Die Fußböden sind in der Mehrzahl der Räume mit Teppichböden in beigen und braunen Farbtönen ausgelegt, die parallel zu den Wänden einen Randstreifen des Fußbodens freilassen. Die unkonventionelle Formgebung des Hauses bedingte von vornherein eine Einbeziehung des Innenausbaus in die Planung, so dass viele Wandschränke eingebaut sind. Das Arbeitszimmer besitzt eine schwungvoll eingepasste Anrichte, das Schlafzimmer der Eheleute und das östliche Schlafzimmer sind jeweils mit einem umlaufenden Regal in Fensterbankhöhe versehen. Im Zimmer des Sohnes ist das Bett alkovenartig in eine Wandnische eingelassen. Im Flur des Obergeschosses ist eine geschwungene beige Marmorplatte als Konsole für das Telefon in die Wand eingepasst, die eine vorderseitig mit Holzrippen versehene Klapplade überdeckt. Die Villa Waldfrieden legt als Bautyp Villa Zeugnis ab von den Wohn- und Lebensvorstellungen der Schicht, der der Bauherr angehörte. Das Haus, das vornehmlich geprägt ist von der anthroposophischen Geisteshaltung des Bauherrn, ist ein über Wuppertal hinaus bedeutendes Beispiel organischen Bauens. Es ist zugleich ein für seine Zeit einzigartiges Beispiel organischen Bauens. Es ist zugleich ein für seine Zeit einzigartiges Beispiel organischer Architektur, da ältere, plastisch gestaltete Bauwerke nicht (auch Rudolf Steiners Goetheanum I und II nicht) als Vorbilder anzusehen sind. Vielmehr ging der Architekt und Künstler Franz Krause bei seinem Entwurf eigene Wege, in dem es ihm vornehmlich auf die Struktur und die Ausformung der Innenräume ankam. Er entwickelte damit aber zugleich einen Außenbau von großer Plastizität, der sich deutlich von den glatten, flächigen Fassaden des internationalen Stils abhebt. Bereits seit Mitte der 20er Jahre hatte Krause den internationalen Stil überwunden und zu einer organischen Architektur gefunden, die mit ihren ausdrucksstarken fließenden Formen auch mit dem Plastischen Stil der Nachkriegszeit vergleichbar ist.