Beschreibung
Begründung des Denkmalwertes
Das o. g. Objekt ist bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeugnis für die moderne, von innovativen Konstruktionsprinzipien und Materialien geprägte Architektur der 1960er/1970er Jahre und als Werk eines international renommierten Architekten. Mit dem Gebäudekomplex am Islandufer ist dem Architekten Paul Schneider-Esleben ein bis heute gültiges, logistisch praktikables Raumkonzept der Bauaufgabe Kunden- und Verwaltungszentrum eines Bankinstituts gelungen.
Der Gebäudekomplex der Wuppertaler Stadtsparkasse ist bedeutend für die Stadt Wuppertal, da er als Kunden- und Verwaltungszentrum der traditionsreichen Stadtsparkasse Wuppertal - einer der frühesten Stadtsparkassen im Rheinland - ein Zeugnis für die Prosperität des Wuppertaler Bankinstituts um 1970 darstellt.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg die sogenannten Wirtschaftswunderjahre auch die Geschäftsentwicklung der Stadtsparkasse Wuppertal beförderten, bot das 1909 in der Schloßbleiche errichtete Mutterhaus nicht mehr genügend Raum, um den wachsenden Verwaltungsapparat unterzubringen.
Mit dem Neubau am Islandufer schuf der Architekt Schneider-Esleben eine Baugruppe, die mit ihrer Hoch-hausdominate einen unverzichtbaren Bestandteil der Elberfelder Stadtsilhouette bildet; sie präsentiert sich eineseits als städtebaulich wirksame "Landmarke" im Tal der Wupper und ist andererseits mit ihrer skulpturalen Gestalt zu einem "Identifikationsobjekt" für Elberfeld avanciert, das in Synthese mit der Schwebebahn einen unverwechselbaren, stadtgestalterisch relevanten und architektonisch anspruchsvollen Akzent im Stadtbild Elberfelds setzt.
Für die Erhaltung und Nutzung des o. g. Objektes liegen künstlerische, wissenschaftliche, insbe-sondere architekturhistorische, bautypologische, ortsgeschichtliche sowie städtebauliche Gründe vor.
Künstlerische, architekturhistorische und bautypologische Gründe
Die Stadtsparkasse in Wuppertal-Elberfeld stellt ein architektonisch anspruchsvolles, bauzeitlich erhaltenes, bis heute gültiges Beispiel für ein Sparkassengebäude dar, das als Kunden- und Verwaltungszentrum einen Typus des Bankgebäudes realisiert, wie er verstärkt erst in den 1980er Jahren bevorzugt und gängig wurde.
Mit der Etablierung des Bankenwesens setzte auch die Entwicklung und Errichtung eigener Funktionsgebäude für das Geldgeschäft ein. Herrschte noch im 19. und bis ins frühe 20. Jahrhundert der Monumentalbau klas-sizistischer oder historistischer Prägung vor, der "Banktempel", der wirtschaftliche Macht durch repräsentative, die Selbstdarstellung demonstrierende Formensprache dokumentierte, war in den 1920er und 1930er Jahren kein innovativer Bautypus entwickelt worden. Während vor allem im Kontext mit der Weltwirtschaftskriese kein Bedarf an neuen Bankgebäuden bestand, nahmen die Bankgebäude der 1950er Jahre im Aufwind des "Wirtschaftswunders" hingegen die Formensprache moderner Architektur auf. Die architektonisch aufgelockerte Großraum-Atmosphäre löste den klassischen Schaltertresen ab, die Besucherhalle wurde zum Aushängeschild eines Unternehmens. Die Architektur der 1950er und 1960er Jahre war geprägt von Helligkeit und Leichtigkeit, wofür das New Yorker Bankhaus der Hanover Trust Company des amerikanischen Architekten Gordon Bunshaft vom Büro Skidmore, Owings und Merril von 1954 ein Paradebeispiel darstellt. Der Kubus mit seiner gläsernen Vorhangfassade avancierte zur Architekturikone und dokumentiert den sozioökonomischen Wandel in der Nachkriegszeit: Bankinstitute identifizierten sich nicht mehr mit dem Image "uneinnehmbare Festung", sondern vermittelten durch, transparente, kundenfreundliche Architektur den Eindruck von Offenheit, Freundlichkeit und Entgegenkommen.
Es ist davon auszugehen, dass Schneider-Esleben das Gebäude der Hanover Trust Company in New York bekannt war, hatte er doch im Kontext mit der Planung und Errichtung des Mannesmann-Hochhauses in Düs-seldorf zusammen mit Egon Eiermann die USA bereist und dort auch mit dem Architekturbüro Skidmore, Owings und Merril Kontakt.
Die Forderung der Bauherrin nach stützenfreien Räumen in allen Obergeschossen, insbesondere in den ebenerdigen, geschlossenen Räumen von Hochhaus und Flachbau, führte im Laufe der Planung dazu, dass der Architekt für das Hochhausgebäude die Hängekonstruktion wählte.
Bereits in den 1920er Jahren kamen bedeutende Impulse für die Hängekonstruktion im Hochhausbau aus Wuppertal. Die beiden Wuppertaler Architekten und Brüder Heinz und Bodo Rasch fanden mit ihren theoreti-schen Arbeiten über zugbeanspruchte Bautechniken und ihren Entwürfen und Ausstellungen von hängenden Häusern internationale Anerkennung. Auch in den nachfolgenden Jahrzehnten beschäftige sich Heinz Rasch, der seit 1933 ein Architekturbüro in Wuppertal unterhielt, mit Hängekonstruktionen, vor allem auch im Kontext mit der Hochhausdebatte. Über die Entwurfsphase sind seine Projekte nie hinausgelangt, auch wenn Heinz Rasch sich intensiv um die publizistische Verbreitung der Hängehauskonstruktion bemühte.
Als erstes realisiertes Hängehaus in Deutschland gilt das Rathaus von Marl, 1960-1969 von van den Broek & Bakema errichtet, dem 1966-1973 in Wuppertal der wesentlich höhere Hochhauskörper der Stadtsparkasse von Paul Schneider-Esleben folgte.
Die Elberfelder Stadtsparkasse dokumentiert eindrucksvoll das Werk des Architekten Schneider-Esleben in den 1960er und 1970er Jahren.
Der in Düsseldorf geborene Architekt Paul Schneider-Esleben (1915-2005) gehört zu den wenigen deutschen Baumeistern, die aufgrund der Konsequenz und Gestaltungskraft ihrer Schöpfungen internationales Ansehen genießen, und dessen Werke in vielen Bereichen neue, zukunftsweisende Perspektiven eröffnet haben.
Nach dem Studium der Architektur, das er an der TH Aachen abschloss, kurzer Mitarbeit im Büro von Rudolf Schwarz, gründete er bereits 1948 ein eigenes Architekturbüro in Düsseldorf.
Die 1950er Jahre waren für den Architekten eine besonders fruchtbare Schaffensperiode. So war etwa mit seinem ersten Großprojekt, den Haniel-Garagen in Düsseldorf (1950-1951), eine überzeugende, gültige Lösung für den Bautypus des Parkhauses gefunden und realisiert worden.
Das 24-geschossige Mannesmann-Hochhaus in Düsseldorf (1951-1956), der erste Leichtbau nach dem Muster der Lake Shore Appartements in Chicago von Ludwig Mies van der Rohe und dem seit 1950 in Bau befindlichen Uni-Lever-Haus in New York, setzte im europäischen Raum Maßstäbe im Hochhausbau. In den 1960er Jahren hat Schneider-Esleben sich durch die Erarbeitung einer neuen Flughafen-Typologie, wie sie beim Neubau des Köln-Bonner Flughafens (1962-1970) Anwendung fand, besondere Verdienste erworben.
Bei der Stadtsparkasse Wuppertal hat Schneider-Esleben mit der Materialwahl, dem Streben nach Offenlegung der Konstruktion und dem Spiel mit Volumen Prinzipien des "Betonbrutalismus" aufgegriffen, die etwa noch das 1964-65 errichtete Haus Zindler in Düsseldorf - wenn auch nicht dogmatisch - prägen. Wie bei seinen früheren Werken geht Schneider-Esleben zwar von einer geometrischen Grundform aus, kombiniert in Wuppertal den architekturtheoretischen Ansatz jedoch mit dem in den 1970er Jahren vorherrschenden Bauen mit Fertigteilen. Im Ergebnis führte dies nicht nur zu einer plastisch-körperhaften, konstruktionsorientierten, von markanten Formen geprägten Architektur, sondern auch zur Schaffung von Baukörpern mit skulpturalem Charakter - einem Kunstwerk, das bis heute seine funktionale und ästhetische Gültigkeit bewahrt hat.
Mit dem Sparkassengebäude in Wuppertal ist dem Architekten Schneider-Esleben eine außergewöhnliche, baukünstlerisch anspruchsvolle und den Brutalismus ästhetisch rehabilitierende Lösung für einen Gebäudekomplex mit vielfältigen Anforderungen gelungen.
Ortshistorische und städtebauliche Gründe
Die Sparkasse in Wuppertal-Elberfeld ist die älteste Sparkasse im Rheinland. Das erste Kontor der Sparkasse Wuppertal befand sich im Elberfelder Rathaus an der Ecke Turmhof/Burgstraße. Die Unterbringung im Rathaus war eine gesetzliche Vorschrift, die sich gleichermaßen für das Institut wie für seine Kunden als günstige Regelung erwies, da die Sparkasse somit stets zentral gelegen und leicht erreichbar war. Als 1842 das neue Rathaus errichtet wurde - heute beheimatet das Gebäude das Von der Heydt-Museum, 1902 als Städtisches Museum Elberfeld gegründet, siedelte auch die Sparkasse über. Aus dieser zentralen Lage erwuchs das bis heute gültige Prinzip der "Nähe".
Nach Änderung der gesetzlichen Vorschriften zog die Sparkasse 1909 in die Räume des eigens zu diesem Zweck errichteten Gebäudes in der Schloßbleiche, seinerzeit eines der modernsten und fortschrittlichsten Bankgebäude in Deutschland.
Nach dem Zweiten Weltkrieg forcierte der Aufschwung der Wirtschaftswunderjahre auch die Geschäftsent-wicklung der Stadtsparkasse Wuppertal, so dass das Mutterhaus in der Schloßbleiche nicht mehr genügend Raum für den wachsenden Verwaltungsapparat bot. Da das Stammhaus innerhalb der Grundstücksgrenzen des Altbaus keine Erweiterungsmöglichkeiten bot, erschien der Neubau eines Kunden- und Verwaltungszentrums geboten, das den Anforderungen der Zeit gerecht wurde.
Der Straßenname Islandufer erinnert an den früher hier befindlichen Stadtteil Island, der im 19. Jahrhundert von einfachen Fachwerkhäusern einer ärmeren Bevölkerungsschicht geprägt war und bereits um 1900 zugunsten großvolumiger Gründerzeitbauten abgerissen wurde. Auf dem Grundstück, das heute mit dem Baukomplex der Stadtsparkasse bebaut ist, war Ende des 19. Jahrhunderts im damals noch selbständigen Elberfeld das Thalia-Theater, ein berühmtes Varieté-Theater, errichtet und 1906 eröffnet worden. Als eines der wenigen Gebäude überstand es den Zweiten Weltkrieg, wurde aber in den 1960er Jahren abgerissen, um dem Neubau der Stadtsparkasse Platz zu machen.
Städtebaulich stellt das Hochhaus in der Elberfelder Innenstadt eine Dominante dar, die aus Perspektive der Bauherrin sicher auch als Symbolträger ihrer wirtschaftlichen Prosperität verstanden werden wollte. Zudem zeugt es von der Entschlossenheit, mit der die Stadt Wuppertal - und mit ihr Architekten und Städteplaner - dem stark kriegszerstörten Wuppertal ein zeitgemäßes, von der Aufbruchsstimmung der Nachkriegsmoderne geprägtes Stadtbild zu verleihen suchten; dies vermochte auch den Abriss des noch erhaltenen Thalia-Theaters von 1906 zu rechtfertigen.
1952-1957 hatte bereits Hanns Dustmann mit der Gebäudegruppe der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken AG und seiner 15-geschossigen Hochhausdominante auf dem nördlichen Wupperufer ein städtebauliches Konzept realisiert, das eine bewusste Abkehr vom axial ausgerichteten, hierarchischen Ordnungsprinzipien folgenden Städtebau des Dritten Reiches einerseits und den unübersichtlichen, verschachtelten Strukturen vergangener Epochen andererseits bedeutete.
Mit der Errichtung der Gebäudegruppe der Stadtsparkasse Wuppertal am Islandufer, dem südlichen Wup-perufer, wurde 1969-1973 ein weiterer städtebaulich wirksamer Akzent im Elberfelder Stadtzentrum geschaffen. Beide Gebäudekomplexe verleihen der Wuppertaler Stadtsilhouette eine unverwechselbare Prägung und stellen unverzichtbare Landmarken der Elberfelder Innenstadt dar.
Einen weiteren unverzichtbaren Bestandteil des städtebaulichen Ensembles im Bereich Elberfelds bildet zudem die Wuppertaler Schwebebahn, das von Eugen Langen initiierte einschienige Hängebahnsystem. Seit 1901 erschließt die zum Wahrzeichen der Stadt avancierte, international bekannte Bahn verkehrstechnisch das Tal der Wupper. Ihre Konstruktion steht in unmittelbarem Dialog mit der Architektur des Stadtsparkassengebäudes; jedes Passieren eines Schwebebahnzuges zeugt davon, dass der Mut zu innovativen Lösungen die Stadt Wuppertal bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert auszeichnete und sich im 20. Jahrhundert fortsetzte.
Der Gebäudekomplex der Stadtsparkasse Wuppertal stellt aufgrund seiner architektonischen und bautechnischen Qualitäten der Gesamtanlage sowie seiner städtebaulich-gestalterischen Wirksamkeit einen unverzichtbaren Bestandteil der Bebauung des Wuppertales dar. Als Stadtskulptur und Baudenkmal verleiht er dem Tal der Wupper eine unverwechselbare Prägung.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der o. g. Gebäudekomplex in beschriebenem Umfang ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NW darstellt, an dessen Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Bezogen auf den Hochhauskörper erstreckt sich die Unterschutzstellung auf das äußere Erscheinungsbild und die dieses Erscheinungsbild prägenden konstruktiven Architektur- und Gestaltungsformen - nicht auf die nicht mehr originären inneren Ausstattungs- Gestaltungs- und Funktionselemente.
|